Empfehlungen Februar/März 2017
Einblicke in die Welt und das Werden der MusikGeck, Martin: Die kürzeste Geschichte der Musik. - Hoffmann und Campe, 2016. - 191 S. (K)ein neues Buch von Martin Geck? Das Büchlein mit dem ironisch gemeinten Superlativ ist 2006 unter dem Titel „Wenn Papageno für Elise einen Feuervogel fängt“ erschienen. Das aber ist nicht weiter schlimm, denn geistreiche Literatur über die Musik, die es schafft, die großen Zusammenhänge darzustellen, gibt es wenig. Wenn es unter den Musikexperten einen gibt, der dies vermag, der sich klar verständlich ausdrückt und seinen Leser unterhält, dann ist es wohl Martin Geck. Der Musikwissenschaftler, der ebenso gerne Kinderhörspiele produziert wie forscht, lehrt oder schreibt, hat sich auch die Musikvermittlung zur Aufgabe gemacht. „Die kürzeste Geschichte der Musik“ liest sich für jedermann mit Gewinn, für den Einsteiger wie für den Kenner, und schlägt einen Bogen von den ersten Anfängen der Musik über die chinesische Hochkultur bis zu aktuellen Trends. Axel Blase |
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Ein Buch zum Eintauchen!
Ganz Frankreich macht sich auf den Weg ans Meer. Endlich Ferien! Auf den Straßen kommt die Blechlawine ins Rollen… und wenig später zum Stillstand. Aber wir lassen uns die Stimmung nicht verderben, schließlich kann man es doch schon riechen, oder? Das Meer! Endlich unterm Sonnenschirm überlegt Mama noch, ob oben ohne oder nicht, da flaniert der Herr Papa auch schon eingezogenen Bauch Richtung FKK-Strand – wollen doch mal sehen! Es werden Sandburgen gebaut, gewagte Tattoos gelüftet, kreideweiße und krebsrote Körper in die Fluten gestürzt. Meerestiere landen in Eimerchen, kleine Kinder gehen verloren, es wird geflirtet und gestritten, gebuddelt und geschwommen. Mit viel Liebe und Witz illustrieren die beiden französischen Comicautoren und Zeichner David Prudhomme und Pascal Rabaté einen typischen Sommertag am Meer. Lustig, berührend und zuweilen schmerzhaft wie Sand in der Badehose. Andrea Däuwel-Bernd |
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Wasser als Gedächtnis der Menschheit
Im Süden Chiles liegt der größte Archipel der Welt mit einer Küstenlänge von fast 75.000 km. Immer noch sind nicht alle Regionen erforscht. Zehntausend Jahre lang lebten Menschen auf einer Insel, isoliert und bei Polartemperaturen. Waren es im 18. Jahrhundert noch 8000 Menschen, so sind heute noch zwanzig davon übrig. Das Wasser ist überlebensnotwendig für die indigene Bevölkerung. Erst mit der Kolonialisierung durch die Europäer wandten sich die Ureinwohner vom Wasser ab und zogen ins Landesinnere. Regisseur Patricio Guzmán erzählt nicht nur von der faszinierende Naturlandschaft Chiles mit seines mehr als 4300 Kilometern Küstenlänge und den Geheimnissen des Wassers, er gibt auch Einblicke in Chiles Lebenskultur. Der Zuschauer erfährt, dass Überlebende der Ureinwohner kein Wort für Gott oder Polizei kennen. Bevor die chilenischen Siedler mit Kopfgeldern für die Ureinwohner Killerkommandos anlockten, verschleppte der britische Kapitän Robert FitzRoy 1830 im Tausch für einen Perlmuttknopf den 14 Jahre alten Feuerländer Orundellico nach England, um ihn zum Christentum zu bekehren. Das Wasser bewahrt Geheimnisse der menschlichen Geschichte und gibt sie nur selten wieder frei. Manche Menschen glauben, Wasser habe ein Gedächtnis, und offenbar hat es auch eine Stimme. Ein auf dem Meeresgrund gefundener Perlmuttknopf vor der Küste Feuerlands gibt einen Hinweis und erinnert an die Folterungen und Morde des Pinochet-Regimes, in dem Leichen der politischen Gegner mit Schienen beschwert und ins Meer geworfen wurden. Der Knopf stammt von einer Jacke dieser Ertränkten. In Schwarzweißaufnahmen durchlebt man die Entsorgung der Toten und lebenden Menschen ins Meer. Die Vernichtung der Ureinwohner und der Opposition unter der Pinochet-Diktatur von 1973 bis 1990 bekommen durch die Perlmuttknöpfe eine unfreiwillige und bedrückende Verbindung. 2015 wurde der Film mit dem Silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Tanja Schleyerbach |
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Eine aufmerksame und scharfsinnige Familiengeschichte
Im ersten Teil widmet sich Swartz ganz der Geschichte seiner Schwiegereltern, einem überzeugten Kommunisten, der unter Tito eine militärische Karriere machte, und seiner Ehefrau, einer gläubigen Katholikin, die ihren Mann um zwei Jahrzehnte überlebte. Die unterschiedlichen Weltanschauungen des Paares lassen sich in der Ehe vereinbaren und offenbaren das jugoslawische Lebensgefühl nach dem Zweiten Weltkrieg. Im zweiten Teil erzählt er vom Leben in einem istrischen Dorf, wo er seit vielen Jahren wohnt. Die Haltung der Bewohner zu ihrem Lebensraum, den staatlichen Institutionen und ihrem sozialen Umfeld beschreibt er anschaulich. Das Dorf wird zum Mikrokosmus für die ländliche Gesellschaft in Südosteuropa. Der dritte Teil widmet sich seiner kroatischen Schwiegermutter und ihren Bemühungen, sich ein Haus auf der Insel Krk zu kaufen. Anekdotisch gelingt es Richard Swartz, einen Einblick in das Denken und die Vorstellungswelt dieser Frau aufzuzeigen. Ein Buch voll feinem Humor und vielen Einblicken in die Mentalität der Menschen auf dem Balkan. Andrea Däuwel-Bernd |
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Hochaktuelle Themen anschaulich aufbereitetFluter - Das Jugendmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung print und online Nicht alles, was gut ist, muss Geld kosten. Die Zeitschrift „fluter“ ist ein Jugendmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung, die nicht nur für Jugendliche interessant ist. Fundierte Hintergrundinformationen aus den Bereichen Politik und Kultur, die anschaulich aufbereitet werden – dafür steht „Fluter“. Mit gesellschaftlich relevanten Texten möchte die Zeitschrift jungen Lesern ab 16 Jahren gelebte Demokratie näher bringen. Jede Ausgabe des viermal im Jahr erscheinenden, kostenlosen Printmagazins widmet sich einem meist hochaktuellen Thema wie zum Beispiel „Paris“, „Flucht“, „Stadt“ oder auch „Mode“ und setzt sich damit kritisch auseinander. Ergänzt wird die Zeitschrift durch ein Onlineangebot (http://www.fluter.de), das u.a. ein umfangreiches Audio- und Video-Material sowie Lese-, Kino-, Musik- und Spieletipps bietet. Neben Fakten stehen persönliche Erfahrungen im Fokus. Andrea Däuwel-Bernd |
Andrea Däuwel-Bernd |
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99 Tage Istanbul
Weitab von Mainstreamfilmen und einer klassischen Städtetour bewegt sich Hasret zwischen Realität und Fiktion. 99 Tage – wenn man so lange bleibt, wird man einer von ihnen, den Istanbulern. Man möchte, man kann die Stadt nicht mehr verlassen. Als der Regisseur 98,5 Tage in der Stadt weilt, wird ihm diese Tatsache bewusst. Die übrige Crew reist in einem Copntainerschiff nach Europa zurück, Ben bleibt alleine zurück und filmt weiter. Wir erfahren etwas über die Nachtseite Istanbuls und über die Stadt der Toten, der Geister, der Migranten. Wir sehen Interviews mit armenischen Journalisten, einer philosophischen Teedame, einem kommunistischen Aleviten und einem Historiker, der davon überzeugt ist, dass Istanbul vor dem Einzug der menschlichen Zivilisation von Katzen regiert wurde. Geheimnisse, Geschichten und Surreales werden mischen sich, und aus einer Auftragsarbeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Annäherung in mehreren Facetten an die türkische Metropole. Tanja Schleyerbach |