Hörbuch verfügbar?
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Reagedropfa, Wellaschlag ond Schtromschnella
Zwerenz, Petra: Flussabwärts mit Gepäck: Geschichten vom Wasser in schwäbischem Dialekt. - 1 CD. - Selbstverlag, 2008 Gebrauchsanleitung für dieses Hörbuch: Sperren Sie die Kinder im Kinderzimmer ein. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mann / Ihre Frau im Garten beschäftigt ist. Legen Sie die CD in den CD-Player, drücken Sie Start. Legen Sie sich selbst auf das Sofa. Hören Sie zu. Einfach so nebenher kann man diese CD nicht anhören, sie ist für die ruhigen Stunden daheim. Und die Zeit, die man dafür investiert, ist gut genutzt. Für alle, die schwäbische Mundart lieben und Sinn haben für die kleinen Dinge des Lebens. Petra Zwerenz, geboren 1961, lebt in Reutlingen. Bekannt geworden ist sie durch ihre Lyrik, Miniaturen und Erzählungen in schwäbischer Mundart. 1997 ist ihr erstes Buch erschienen, seither veröffentlicht sie beim Theiss Verlag und im Silberburg Verlag. Sie hat außerdem viele Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. In ihren Büchern beleuchtet sie augenzwinkernd und humorvoll all das, was man so gerne am Straßenrand übersieht. Auch auf dieser Hör-CD erzählt sie keine spektakulären Geschichten. Es ist vielmehr die präzise Beobachtung, der Blick auf die kleinen Dinge, die Stimmung erzeugen und ihre Geschichten so faszinierend werden lassen. Sie liest in schwäbischer Mundart selbst vor, und immer geht es um Wasser. Ein Ei, am Bodenseestrand gefunden, eine Fahrt auf dem Vierwaldstätter See, die abenteuerlichen Assoziationen, die ihr auf dem zahnärztlichen Behandlungsstuhl in den Sinn kommen, die Mühe des Fotografierens bei Regen, Reiseeindrücke und Stimmungen in einer Hütte an einem See in Masuren. Und ein Wellenschlag, das Tröpfeln des Regens, das Rauschen des Gebirgsbaches wird intensiv und lebendig. Geschichten zum Verweilen und Genießen in einer kraftvollen, bilderreichen Sprache. Andrea Däuwel-Bernd
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Buch
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Hörbuch
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Ein entschleunigtes, zerbrechliches Stück Literatur
Petterson, Per: Pferde stehlen. - Hanser, 2006. - 246 S.
Trond Sonder zieht es 1999 mit 67 Jahren und seiner Hündin Lyra nach dem Unfalltod seiner zweiten Frau nach Ostnorwegen an die Grenze zu Schweden, wo er sich eine Hütte als Alterswohnsitz kauft und renoviert. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnt Lars Haug mit seinem Border Collie Poker, der unangenehme Erinnerungen in ihm freilegt, die er längst verdrängt glaubte. Langsam öffnet er das Tor zu seiner Kindheit und Jugend, wechselt zwischen dem Sommer 1948 und dem Winter vor der Jahrtausendwende, beschreibt die sich zaghaft entwickelnde Männerfreundschaft mit Lars, beleuchtet die Beziehung seiner Eltern und das wohlgehütete Familiengeheimnis seines Vaters, schildert die tragischen Erlebnisse der Nachbarsfamilie und die Zeit der Besatzung. Reflektiert, wie es für ihn war, als der Vater damals nicht wie versprochen in seinem Bett lag. Erinnert sich, als dieser ihm seine Lebensweisheit mit auf den Weg gab: "Du entscheidest selbst, wann es wehtut." Als Trond von seinem über alles bewunderten Vater verlassen wird, braucht es Zeit, bis diese Nachricht in seinem Bewusstsein angekommen ist. Eindrücklich versonnen schildert Petterson die handelnden Personen, die differenzierten Stimmungen, die karge Landschaft und spürt seinen alten Verletzungen nach. Ein entschleunigtes, zerbrechliches und stilles Stück Literatur, das ich nachdenklich, tief versunken und nur ungern aus der Hand lege. Tanja Schleyerbach |
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Buch verfügbar?
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"Obwohl auch die Alb ein kalt und rau Land, muss sie doch vor uralten Zeiten schon bewohnt gewesen sein" (Martin Rebstock d. Ä., 1693)
Deigendesch, Roland und Morrissey, Christoph: Kleine Geschichte der Schwäbischen Alb. - DRW Verl., 2008. - 270 S. Seit der Ausgrabung einer eiszeitlichen Frauenskulptur in Schelklingen ist die Schwäbische Alb wieder in den Fokus der Kulturgeschichte gerückt. Der Fund eines der ältesten Kunstwerke der Welt zeigt wieder einmal, dass diese Region eine uralte Kulturlandschaft ist mit einer wechselhaften und reichen Geschichte. Angesichts der Naturschönheiten und der landschaftlichen Vielfalt gerät dieser Aspekt oft in Vergessenheit. Die Autoren Roland Deigendesch und Christop Morrissey, beide bekannte Historiker in Kirchheim und Tübingen, haben in ihrem Buch "Die Kulturgeschichte der Schwäbischen Alb" viel Wissenswertes kurz zusammengefasst. Kompetent und verständlich beschreiben sie die Besiedelung der Schwäbischen Alb in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, den Aufbau von mittelalterlichen Herrschaftsstrukturen, den Übergang zur Neuzeit und die unruhigen Zeiten während der Reformation, der Bauernkriege und des Dreißigjährigen Krieges, das Aufkommen des Pietismus und die industrielle Revolution, die Zeit des Nationalsozialismus, die wirtschaftliche Entwicklung in der Nachkriegszeit und die Bemühungen um die Bewahrung des Naturraums in den letzten Jahren. Herausgekommen ist ein kompaktes Sachbuch, das allen, die die Schwäbische Alb als Wander- und Freizeitgebiet lieben, Informationen und Hintergründe vermittelt und zeigt, wie europäische Geschichte sich durch viele Jahrhunderte auf die Entwicklung einer Region ausgewirkt hat. Ein Buch für jeden, der mit offenen Augen die Region erleben will. Andrea Däuwel-Bernd |
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Die Geschichte eines wahren Helden im Deutschen Herbst
Mogadischu. Regie: Roland Suso Richter. - 2008. - 1 DVD, 106 Min.
Deutschland im Herbst 1977. RAF-Terroristen setzen auf rohe Gewalt, um die Machtprobe gegen die Bundesregierung zu gewinnen. Dabei werden sie von autonomen sympathisierenden Terroristengruppen unterstützt. 13. Oktober: Die Landshut auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt. Vier Terrorist/-innen, der palästinensischen Terroreinheit PFLP Martyr Halimeh erzwingen Zwischenstationen in Rom, Larnaka, Bahrain, Dubai, Aden - letzte Station Mogadischu. Das Ziel der PFLP ist dasselbe wie das der Schleyerentführer: elf deutsche Terroristen sollen aus dem Gefängnis freigepresst und außerdem Millionen übergeben werden. Hanns-Martin Schleyer ist derweil bereits seit dem 5. September Gefangener der RAF. Dem Regisseur Roland Suso Richter gelingt es in der ARD-Produktion aufgrund exakt nachgestellter Szenen und mit hervorragenden Schauspielern, die Situation in der mit 87 Personen besetzten Landshut so beklemmend und realistisch darzustellen, als wäre man selbst dabei gewesen. Der selbst ernannte Hauptakteur der Terroristen, "Captain Martyr Mahmud", hält die Spannung im Flugzeug aufrecht und alle Passagiere sowie die Besatzung fünf Tage lang in Angst und Panik. Von seiner Macht und Gnade hängt ab, ob eine vermeintlich jüdische Passagierin vor den Augen aller hingerichtet wird oder am Leben bleiben darf. Er demütigt und erniedrigt den Kapitän Jürgen Schumann, der versteckt Information über die Entführer nach außen schmuggelt und versucht, in Aden ein Flugverbot durchzusetzen, schamvoll. Am vierten Tag ist die Atmosphäre zum Zerreißen, die Klimaanlage ist ausgefallen, die psychischen und physischen Grenzen der Menschen im Flugzeug sind weit überschritten. Panik bricht aus, als Schumann nach einer bravourösen Notlandung ohne Erlaubnis im Jemen vor den Augen aller von Mahmud brutal hingerichtet wird und dieser den Flug höchstpersönlich mit der nicht mehr intakten Landshut nach Mogadischu fortsetzt. Als das Ultimatum dort abläuft, werden alle Passagiere mit Alkohol übergossen, die Bomben installiert: "Wir sterben jetzt gemeinsam". Dass die GSG 9 schließlich das Flugzeug stürmen darf und dabei nur die Entführer ums Leben kommen und drei Personen verletzt werden, vermag nicht über die bittere Wahrheit hinwegzutäuschen, wie wenig Wert diesen Menschenleben beigemessen wurde. Unvorstellbar, was diese in 120 Stunden auf engstem Raum durchleben müssen. Unvorstellbar, dass von außen keine andere Entscheidung getroffen wird und ihnen auch noch eine bewaffnete Befreiungsaktion zugemutet wird. Unvorstellbar, dass 87 Menschenleben auf's Spiel gesetzt werden, als ob es keine andere Möglichkeit gäbe. Unvorstellbar, dass Jürgen Schumann sterben muss. Drei der inhaftierten RAF-Terroristen begehen noch am selben Tag der gescheiterten Entführung Suizid, Hanns-Martin Schleyer wird hingerichtet. Hinweise auf seinen Aufenthaltsort gab es bereits am dritten Tag nach seiner Entführung. Helmut Schmidt, Hans-Jürgen Wischnewski und der erfahrene und verantwortungsvolle Chef der GSG9-Spezialtruppe, Ulrich Wegener stehen auf der anderen Seite. Sie müssen einsame Entscheidungen treffen. Die brennende Frage, was ein Menschenleben gegen die Unabhängigkeit einer Republik wert ist und wer darüber befindet, schwebt unausgesprochen permanent über den Bildern. Mein ganz persönlicher Held dieses Filmes, der mich gebannt vor den Bildschirm fesselt und mich noch lange danach beschäftigt, ist Jürgen Schumann. Sein Name ist weniger bekannt als der von Baader, Meinhof, Raspe oder Ensslin. Dem bewundernswert mutigen und aufrechten Piloten, Ehemann und Vater zweier Kinder ist dieser grandiose Film viel zu nah an der Realität gewidmet. Tanja Schleyerbach |
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