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Eine schräge Odyssee finnischer Lebensmüder durch Europa
Arto Paasilinna: Der wunderbare Massenselbstmord. - Lübbe, 2002. - 283 S. Nach wiederholten Pleiten und Konkursen erlischt der Lebenswille des finnischen Geschäftsmannes Rankonen, und er beschließt, sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Zweck sucht er sich eine abgelegene Scheune in der Nähe seines Ferienhauses aus. Leider ist diese schon besetzt, und zwar von einem anderen Selbstmörder, den er dabei noch in seinem Vorhaben stört... Das ist der Beginn einer ziemlich schrägen Odyssee eines ganzen Haufens finnischer Lebensmüder, die auf der Suche nach einem geeigneten Platz für einen Massenselbstmord durch ganz Europa kutschieren. Letztlich kommt immer etwas dazwischen, man verliebt sich oder findet Freunde fürs Leben - und kehrt schließlich mit neuem Lebenswillen nach Hause zurück. Was ziemlich makaber klingt, ist eine unterhaltsame und manchmal auch ungemein komische, durch und durch lebensbejahende Geschichte, die den Leser mit einem Schmunzeln auf den Lippen zurücklässt. Marlies Waedt
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Mitreißendes Drama mit einem bewegenden Finale
Jack & Rose. - 1 DVD, 111 Min.
1986 in einer ehemaligen Kommune auf einer Insel vor der Ostküste der USA. Jack ist der letzte Mohikaner einer Kommune, die er in Zeiten von Love, Peace & Happiness mitbegründet hat. Seine 16-jährige Tochter Rose hat er vor allem Fremden bisher "bewahrt und rein gehalten", nur er geht ab und an in die Stadt, um eine Frau zu treffen, die er eines Tages bittet, für einen großzügigen Scheck mit ihren beiden Söhnen zu ihnen zu ziehen. Sie willigt ein, und seine Tochter wird zum ersten Mal mit äußeren Einflüssen konfrontiert. Die Jungs vermissen den Fernseher und halten ihre Mutter für völlig durchgeknallt. Die Jugend findet sich, und Rose erlebt ihren ersten Sex, den sie ihrem Vater stolz und demonstrativ trotzig offenbart. Rose rächt sich an ihrem geliebten Vater, weil sie wegen des "Besuchs" nicht um ihre Meinung gefragt wurde, und es kommt zu dramatischen und gewaltvollen Szenen zwischen den Kommunenmitgliedern. Jacks tödliche Krankheit nimmt ihren Lauf und ihm die Hemmung, gegen die Zersiedelung eines nahe gelegenen Moorgebietes gewaltsam vorzugehen. Erneut stellt er seiner Freundin einen Scheck aus, dieses Mal damit sie ihn und Rose wieder verlässt. Rose will sterben, wenn ihr Vater stirbt, denn sie kann sich ein Leben außerhalb der Kommune unmöglich vorstellen. Ihr Vater hat ihr den Zugang zur Welt ein Leben lang verwehrt. Wirklich grandiose Schauspieler lassen das mitreißende Drama in einem emotional aufgeladenen Finale enden, das sich in letzter Sekunde noch einmal wendet. Tanja Schleyerbach |
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Alle wollen dasselbe. Und alle haben es in der Schublade versteckt.
Moser, Milena: Möchtegern. - Nagel & Kimche, 2010. - 455 S. "Möchtegern" ist ein witziger, skurriler und doch oft nachdenklicher Roman um das Schreiben und die Wirrnisse einer ganz besonderen Castingshow. In dieser Fernsehshow konkurrieren zehn Kandidaten um den Titel des Schreibstars. Konkurrenz, Neid und Eifersüchteleien der Kandidaten werden öffentlich und sind ein gefundenes Fressen für die Macher und für die Presse. Die bekannte Schriftstellerin Mimosa Mein sitzt in der Jury. Schon lange hat sie selbst nichts mehr veröffentlicht und kann deshalb die Nöte und Motive der Kandidaten verstehen. Und jetzt wird sie mit den Lebensgeschichten von Menschen konfrontiert, die buchstäblich alles riskieren, um berühmt zu werden. Ein mitreißender Roman über Schreiben und Ehrgeiz, Freundschaft und Verrat und um die tückischen Zufälle des Lebens. Andrea Däuwel-Bernd Milena Moser, 1963 in Zürich geboren, hat acht Jahre in San Francisco gelebt. Dass sie brillant schreiben kann, bewies sie schon in ihrem erfolgreichen Sachbuch "Schlampenyoga". Ihre Schriftstellerkarriere begann sie Anfang der 1990er und landete sofort mit "Die Putzfraueninsel" einen Bestseller. Es folgten "Das Schlampenbuch", "Blondinenträume" u. a. Zuletzt erschien ihr Roman "Stutenbiss". Selten beschreibt jemand zwischenmenschliche Freuden und Tücken lustiger! Autorenlesung mit Milena Moser am 28. April um 20 Uhr |
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Ein stummes Mädchen bricht sein Schweigen
Hayden, Torey L.: Jadie - das Mädchen, das nicht sprechen wollte. - Goldmann, 1991. - 316 S.
"Mann Leute, hört Euch die Olle bloß an" war einer der ersten Sätze mit denen Torey Hayden in ihrer neuen Sonderschulklasse, bestehend aus nur vier Schüler/-innen, in Pecking begrüßt wurde, nachdem sie sich einem Bauchgefühl folgend, spontan entschlossen hatte, ihre gut dotierte Stelle als Forschungskoordinatorin und Therapeutin einer renommierten Privatklinik in einer Großstadt aufzugeben, um in Zukunft wieder in Jeans und für ein Gehalt vergleichbar ihren bisherigen Reisespesen auf dem Boden eines Klassenzimmers herumzurobben. Torey wird dabei bald auf ein an elektivem Mutismus leidendes Mädchen aufmerksam, dem einzigen in der ansonsten heterogen zusammengesetzten Gruppe. Jadies psychisch bedingte Stummheit äußert sich nur in der Schule, doch Torey schafft es binnen weniger Tage, was ihren Vorgängerinnen versagt geblieben ist: Jadie zu ersten Sprechversuchen außerhalb ihres Elternhauses zu bewegen. Was sie bei den vorsichtigen Annäherungsversuchen der sich sukzessive öffnenden intelligenten Schülerin erfährt, lässt sie an ihrem gesunden Menschenverstand zweifeln. Jadie kann den Geschmack von Blut genau beschreiben, sie hat angeblich der rituellen Ermordung einer Sechsjährigen beigewohnt, wurde mit dem Kopf nach unten an einer Stange aufgehängt und sexuell missbraucht, sie hat ein auffällig sexualisiertes Verhalten und berichtet von einer Katze, die über ihrem nackten Körper von Erwachsenen mit den Händen gevierteilt wurde. Ihre Detailkenntnis ist erschreckend. Jadie ist felsenfest davon überzeugt, dass Torey, deren Vorgängerin durch Suizid gestorben ist, Gott ist. Nach geraumer Zeit, während der auch sie von rätselhaften Machenschaften nicht verschont bleibt, glaubt Torey die perversen Schilderungen einer satanischen Sekte zuordnen zu können, doch es gelingt ihr nicht, andere von ihrem ungeheuerlichen Verdacht überzeugen, zumal Jadie außer mit ihr mit niemandem darüber spricht und vor den Konsequenzen eine Todesangst entwickelt. Torey schildert einfühlsam und authentisch ihren schwierigen Weg mit dieser Klasse, besonders mit Jadie, die sie letztendlich mit ihren beiden jüngeren Schwestern von deren unvorstellbaren Qualen befreien kann. Am Ende kann die Frage nach sexuellem Missbrauch mit einer daraus resultierenden tiefen psychotischen Störung den Praktiken einer schwarzmagischen Sekte oder eines pornographischen Ringes nicht abschließend zugeordnet werden. Das Buch nimmt auch deswegen ungeheuer mit, weil die Geschichte wahr ist und die Täter am Ende nicht überführt werden. Tanja Schleyerbach |
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