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Subersiv, witzig, schmuddelig
Faktor, Jan: Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag. - Kiepenheuer & Witsch, 2010. - 640 S. Der Autor Jan Faktor wurde 1951 in Prag geboren. 1978 übersiedelte er nach Ostberlin. Bis 1989 schrieb er dort in der alternativen Literaturszene experimentell-analytische Lyrik. Mit seinem neuen Buch stand er 2010 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis. In diesem Roman erzählt er die Geschichte seiner Kindheit und Jugend in Prag. Er führt den Leser durch mehrere Jahrzehnte tschechischer Geschichte, er beschreibt die Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs über den Prager Frühling und den Einmarsch der Sowjettruppen bis in die Siebziger Jahre. Georg wächst in einem wirren jüdischen Frauenhaushalt auf. Seine Mutter, vielerlei skurrile Tanten, Cousinen und Großmütter und der schrullige Onkel ONKEL hausen in einer riesigen Altbauwohnung. Die Episoden sind schreiend komische Beschreibungen dieser Wohnverhältnisse, vom kunterbunt-düsteren Labyrinth einer Altbauwohnung bis hin zu schimmelnden Plattenbauten und einer Heimatstadt, die zwischen dem "goldenen Prag" und dem sozialistisch-grauen Prag changiert. Die Erotik kommt dabei nicht zu kurz. Sprachlich wühlt Faktor dabei so ausladend, anschaulich und witzig in drastischen Bildern, dass man sich manche Formulierungen dreimal auf der Zunge zergehen lassen muss. Ein 640 Seiten dickes Vergnügen für diejenigen, die Prager Schelmengeschichten lieben. Andrea Däuwel-Bernd |
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Was Sie schon immer über Schweizer Käse wissen wollten!
Flammer, Dominik ; Scheffold, Fabian: Schweizer Käse. Ursprünge, traditionelle Sorten und neue Kreationen. - AT-Verl., 2009. - 343 S.
Dass die Schweiz mehr als nur Emmentaler und Appenzeller an Käse zu bieten hat, dürfte hinlänglich bekannt sein. Aber um was für Sorten handelt es sich beim "Stanser Fladen", "Tomme vaudoise" oder dem "Skapkäse"? Dominik Flammer hat für solche Fragen das ultimative Nachschlagewerk zum Thema geschrieben. Der großformatige Bildband, mit wunderschönen stimmungsvollen Bildern bietet auf über 300 Seiten neben der Geschichte der Käserei in der Schweiz auch Porträts der unterschiedlichen Käse-Sorten und ihrer Hersteller an. Darüber hinaus werden bedrohte und verschwundene Käsesorten und neue Trends bei der Käseproduktion dargestellt. Abgerundet wird der Band mit einer Adressenliste der besten Schweizer Käsehändler (leider ohne Adressen in Deutschland), einem Glossar und einem Register der Käsesorten. Das Buch wurde 2010 ausgezeichnet mit der Goldenen Feder der Gastronomischen Akademie Deutschlands. Barbara Münz |
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Außergewöhnliche Tierdokumentation mit einzigartigen Aufnahmen
Leben mit Wölfen. – 2010. - 1 DVD, ca. 100 Min.
Tierfilmer Jim Dutcher widmet sechs Jahre seines Lebens dem Zusammenleben mit einem von ihm aufgezogenen Wolfsrudel in einem großen umzäunten Gehege in den Sawtooth Mountains/Idaho. Daraus ist eine unvergleichliche und einzigartige Dokumentation entstanden, die das Leben der vom Aussterben bedrohten Tiere in (bedingt) freier Natur begleitet und auf anrührende Weise verdeutlicht, wie ihr ausgeprägtes Sozialverhalten funktioniert, wie wichtig die streng überwachten und eingehaltenen Hierarchien und Rangordnungen für das Überleben des Rudels in einem verletzlichen Gleichgewicht sind. Sie zeigt eindrücklich, wie viel Liebe Wölfe ihrem Nachwuchs entgegenbringen, ja verrückt nach ihm sind, wie sie sich gegenseitig schützen, unterstützen und Fürsorge tragen, aber auch ausgrenzen und wie verspielt die Jungtiere ihre Rolle finden und wieder wechseln, wie männliche Tiere ihr Alphaweibchen auswählen, wie differenziert Wölfe kommunizieren, wie sie erbeutete Tiere aufteilen und wie zärtlich sie miteinander umgehen und sogar trauern können. Hinzu kommt der vertrauensvolle Umgang der Tiere mit Jim und dessen Frau Jamie. In einer poetischen Liebesgeschichte wird erzählt, wie Jamie ihre Stelle als Wissenschaftlerin aufgibt und zu ihm in die Wildnis zieht und für viele Mühen (wie fünf Meter hohe Schneeberge vor dem Zelt) und Entbehrungen mit Erlebnissen belohnt wird, die noch niemand vor ihnen erfahren hat. Kritische Stimmen bemängeln, dass das Alpha- und Omegaverhalten in freier Wildnis nicht so ausgeprägt vorkommt und das Zusammenleben weniger aggressiv als bisweilen in der Dokumentation abläuft, und dieser Einwand mag berechtigt sein. Die Wölfe werden am Ende artgerecht viele tausend Kilometer entfernt in einem Reservat der Nez-Percé-Indianer in die freie Natur entlassen, und hier sterben die ersten Tiere an Altersschwäche. Beeindruckend ist das Wiedersehen nach einem Jahr: die Wölfe haben das Zutrauen bewahrt und zeigen den beiden Tierfilmern mit Wolfsküssen ihre Freundschaft auf berührende Weise. Tanja Schleyerbach |
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Unendliche Welten der Klavierklänge
PianoMania. Ein Film über Liebe, Perfektion und ein kleines bisschen Wahnsinn… – Regie: Robert Cibis und Lilian Franck. – 2011. - 1 DVD, 137 Min. „Pianomania“ ist ein Dokumentarfilm der eigenen Art. Seine Hauptdarsteller sind die Starpianisten Pierre-Laurent Aimard, Lang Lang, und Alfred Brendel mit ihrem Klavierstimmer Stefan Knüpfer. Der Cheftechniker und Meisterstimmer von Steinway & Sons arbeitet am Konzerthaus in Wien und ringt mit den Musikinterpreten um ein bestmögliches Ergebnis bei ihrem Klavierspiel. Denn anders als bei anderen Instrumentalisten, sind Pianisten zumeist auf Instrumente vor Ort angewiesen, und damit verbunden ist die Arbeit an einem individuell eingerichteten Instrument. Mit Herz und Humor geht der Film den detailreichen und komplexen Fragen von Musik und Klaviertechnik auf den Grund. Ein aufschlussreicher Blick hinter die Kulissen eines perfektionistischen Musikbetriebes ist ein Nebenprodukt dieses Films. Und egal ob die Vorbereitungen für ein Livekonzert oder eine CD-Aufnahme anstehen, erst durch die hervorragende Zusammenarbeit von Techniker und Musiker kann ein besonderes Musikereignis entstehen. Der Film zeigt in allen Details die spannende Suche nach individuellen Klängen auf dem Klavier. Axel Blase |
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Der Tod als letztes Abenteuer
Das Ende ist mein Anfang – Ein Vater, ein Sohn und die große Reise des Lebens. - Regie: Jo Baier. - 2011. - 1 DVD, 94 Min.
In diesem Film ist man in weniger als einer Minute im Geschehen. Tiziano Terzani, der einer sehr armen Florentiner Familie entstammt und für den Spiegel, den Corriere della Sera und La Repubblica 30 Jahre lang als Asienkorrespondent gearbeitet hat, verbringt seine letzten Lebenstage. Er hat sich mit seiner Frau zum Sterben in die Toskana zurückgezogen, nach Orsigna bei Pistoia. Das Bild eines Zen-Mönchs, der auf einem Reispapier von Hand einen sich schließenden Kreis malt, ist das Bild für sein Leben, das Schließen des Kreises seine letzte Aufgabe: die Loslösung seiner Seele von seinem Körper. Vorher aber will der Familienvater mit seinem Sohn Folco, der das Drehbuch verfasst hat, ein letztes Gespräch führen, das dieser aufzeichnet und zu einem Buch und zu diesem Film verarbeitet. Nach einem Jurastudium gibt Terzani nach der ersten Asien-Geschäftsreise seine feste Anstellung auf und studiert Sinologie in New York. 1971 zieht Terzani mit seiner jungen Familie nach Singapur. 66 Jahre alt ist er, als der Film einsetzt, und der Krebs begleitet ihn schon seit fast acht Jahren. Terzani begibt sich zunächst in die Hände eines hochmodernen Krebstherapiezentrums in New York und wird nicht geheilt. Daraufhin macht er sich auf die Suche nach den weltweit besten alternativen Heilern. 2000 im Himalaya ist er bereit, ein anderer zu werden. Er verbringt drei Monate in einem Ashram und kann alle Rollen, Masken und früheren Identitäten loslassen. Anam – der Namenlose ist eine Entdeckung. „Nie zuvor waren wir so unfrei wie heute, obwohl unsere Freiheit scheinbar grenzenlos ist“ “Die Entscheidende Freiheit gibt es nicht mehr, nämlich einfach zu sein, wer man ist.“ „Verzichte auf vieles“ „Gewaltlosigkeit ist nichts Passives, sie bedeutet Handeln“ sind Erkenntnisse, die er seinem Sohn als Testament, als Wegzehrung mitgibt. 2001, als die Koffer für den Himalaya erneut gepackt sind, mischt er sich nach den Ereignissen des 11. September noch einmal ein und schreibt. Er hat alles gesehen, den Vietnamkrieg, die Geschichte Chinas und den Zerfall der Sowjetunion begleitet, war jahrzehntelang Kriegskorrespondent und glaubt, ein Recht zu haben, gegen den Krieg schreiben zu dürfen. Der Tod ist Terzanis letztes Abenteuer, das ihn noch erwartet, das einzig Neue, das ihm noch widerfahren kann. Er möchte nicht noch fünf Jahre länger bleiben, denn er hat intensiv gelebt und kann befreit und ohne Angst, mit innerer Ruhe, leichter und lebendiger als je zuvor gehen. Er ist im Frieden mit sich, der Welt und der Krankheit, die ihn neue Wege geführt und ihm neue Sichtweisen geschenkt hat. Sie führte ihn zur Spiritualität, zur Meditation, zum Buddhismus und zur Erkenntnis, dass alles eins ist und alle Trennung eine Illusion. „Erleuchtung – die Welt in ihrer Vollkommenheit zu erkennen, sie so anzunehmen wie sie ist“. Erleuchtung, die er nicht so nennen möchte, sich lieber die Zunge abbeißen möchte. Er will am Ende nichts mehr sein, niemand werden. „Es gibt keinen Konflikt mehr und kein Verlangen“ - „Und was ist der Tod?“ - „Alles zu verlieren, was du hast.“ Es ist Tizianos Wunsch, die gesamte Familie noch einmal zu sehen, bevor er geht – ohne Tränen. Folco, 38 und geschieden, lässt seinen Sohn aus New York kommen, und Tochter Saskia bekommt in dieses Tagen einen Sohn, Niccolò. Am Ende wird der Namenlose nach seinem Wunsch verbrannt, und der Wind verteilt seine Asche in den Bergen der Toskana. Man kann sich für Terzani keine bessere Besetzung als Bruno Ganz wünschen, und auch Elio Germano ist für Folco eine hervorragende Wahl. Seine deutsche Frau Angela (Erika Pluhar) bleibt zurückhaltend, aber immer präsent. Ein sensibler Film ohne Pathos und Sentimentalität, der in seiner ruhigen Art die entscheidenden Fragen des Lebens aufwühlend tangiert. Als Bonusmaterial ist der Film „Anam – Der Namenlose“ mit einem temperamentvollen Terzani in Form eines Interviews mit seinem Sohn in seinem letzten Lebensjahr beigefügt, der noch einmal so interessant ist wie der Film selbst. Tanja Schleyerbach Im Medienbestand sind außerdem das gleichnamige Buch und das Hörbuch mit dem vollständigen Interview, in dem man noch viel mehr über Terzani erfährt, außerdem „Asien, mein Leben“ als Buch und Hörbuch, „Meine asiatische Reise - Fotografien und Texte aus einer Welt, die es nicht mehr gibt“ sowie „Fliegen ohne Flügel“ und „Noch eine Runde auf dem Karussell – vom Leben und Sterben“. Von seiner Frau sind die Titel: „Chinesische Jahre – 1980-1983“ und „Die Erben der Samurai“ entleihbar. |
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Alter ist eine Allee von Kreuzen
Dohmel, Armgard: Was wir verdrängen - Geschichten und Gedichte. - Selbstverlag, 2010. - 155 S. "Ich versuche, mir selbst beim Altwerden zuzusehen, weil ich besser verstehen möchte, was dabei mit mir geschieht", schreibt die Autorin. Ihre Geschichten und Gedichte hat sie in ein in Buch zum Thema Älterwerden zusammengefasst. Die Reutlinger Autorin erzählt vom Prozess des Alterns anschaulich und eindringlich. Gesundheitliche Probleme, Krankheiten, Alterungserscheinungen, Gedanken über den Tod, aber auch kleine Freuden im Alter nimmt sie unter die Lupe und schreibt darüber ihre Empfindungen und Gedanken nieder. Ehrlich und ohne Beschönigung versucht sie, sich mit ihren Gefühlen auseinander zu setzen. Dazwischen stehen eindringliche Gedichte. Andrea Däuwel-Bernd |
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