Empfehlungen April/Mai 2012
Fortpflanzen, anpassen, überleben
Andrea Däuwel-Bernd Der Titel ist außerdem als eAudio und als eBook im Medienbestand. Autorenlesung am Montag, 16. April, 20 Uhr in der Stadtbibliothek Reutlingen |
(c) Susanne Schleyer |
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Die passsende Anleitung für jede Lebenslage
So geht das! : das ultimative Anleitungsbuch. 500 Dinge und wie man sie macht. – Moewig, 2008. - 160 S. Dieses Buch hat einen einzigen Nachteil: es ist zu dick für die Handtasche! Denn eigentlich sollte man dieses Buch immer und überall bei sich tragen, da es für alle erdenklichen Lebenslagen die passende Anleitung parat hält. In elf Kapiteln (u.a. Stylen, Essen, Lieben, Wohnen, Wachsen, Überleben, Imponieren…) werden mit sehr wenigen Worten und ganz vielen Bildern im Piktogrammstil sowohl alltägliche Tätigkeiten wie auch extravagante Aktivitäten erklärt. Somit sind Sie mit diesem Buch bestens versorgt, wenn sie das nächste Mal mit Ihrem nach Anleitung gepackten Koffer in den Dschungel reisen und dort von einem Alligator angegriffen werden. Anschließend können Sie Ihre erfolgreiche Rettung stilvoll im Restaurant feiern, da sie dank „So geht das!“ richtig gekleidet sind und den passenden Wein zum Essen auswählen können. Barbara Münz Die passende Anleitung gibt es auch für Papas, Babys und natürlich als Fortsetzung im Medienbestand. |
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Folgenschwere Verwechslung
Slaughter, Karin: Entsetzen: Thriller.- Blanvalet-Verlag, 2010.- 371 S.
Abigail, die Tochter aus gutem Hause, ist mit dem erfolgreichen Autohändler Paul Campano unglücklich verheiratet. Eines Tages betritt sie ihr Haus und sieht Glasscherben und einen blutigen Fußabdruck auf dem Boden. Sie sieht einen jungen Mann, der sich über den leblosen Körper ihrer Tochter Emma beugt. In blinder Panik stürzt sich Abigail auf den Einbrecher und bringt ihn um. Es beginnt ein wahrer Alptraum für Abigail, als sie feststellt, dass die Tote nicht Emma ist, sondern deren Freundin. Emma bleibt spurlos verschwunden. Nach einiger Zeit wird herausgefunden, dass der vermeintliche Täter auch ein Opfer ist und Abigail somit den falschen Mann umgebracht hat. Detective Faith Mitchell und Special Agent Will Trent übernehmen die Untersuchungen, die zunächst ins Highschool-Milieu führen. Beide Ermittler werden mit jungen problematischen Menschen und dubiosen Lehrern konfrontiert. Doch die Polizisten wissen, dass jede Minute zählt, um Emma lebend zu finden. Die Handlung ist spannend, schnell und vielfältig. Der Fall steht nicht nur im Mittelpunkt, sondern auch die Lebensgeschichten der Personen. So haben Paul und Will keine Sympathie füreinander, weil sie sich in ihrer Kindheit schon bekämpft haben. Es wird dadurch zusätzlich Spannung geschaffen. Karin Slaughter gibt den Figuren Ecken und Kanten, sie schreibt flüssig und ansprechend. Ein guter und spannender Krimi. Beate Reichmann Der Titel ist auch als eBook, Hörbuch und in englischer Sprache im Medienbestand. |
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Packender Thriller um Macht, Intrige, Wahrheit und UnabhängigkeitInsider. - Regie: Michael Mann. - 1 DVD. 1999, 151 Min. Der bereits in die Jahre gekommene zweieinhalbstündige Streifen hat in dreizehn Jahren nichts von seiner Aktualität und Spannung eingebüßt, geht es in ihm doch um Macht und Abhängigkeit der Presse und um die Skrupellosigkeit eines Zigarettenkonzerns, der um jeden Preis verhindern will, dass ein enthüllendes Interview des Wissenschaftlers Dr. Jeffrey Wigand ausgestrahlt wird. Basierend auf einem authentischen Fall wird dem leitenden Angestellten gekündigt, woraufhin dieser in der Nachrichtensendung „60 Minutes“ interne Details zu illegalen, die Gesundheit über das Nikotin hinaus gefährdenden Geschäftspraktiken seines Arbeitgebers, welche das Suchtpotenzial erhöhen und damit die Umsätze steigern sollen, öffentlich preisgeben möchte. Die Verschwiegenheitsklausel in seiner Abfindung wird unter Androhung von Gewalt gegen ihn und seine Familie verschärft – und auch CBS, dem „60 Minutes“ angehört, ist nur ein Konzern und von wirtschaftlichen Interessen mehr gelenkt als vom Interesse an Aufklärung und Wahrheit – besteht doch die Gefahr, vom Zigarettenkonzern aufgekauft zu werden, was durch die Absetzung des Interviews von höchster Ebene aus vorgeblich ökonomischen Gründen verhindert werden soll. Doch CBS hat nicht mit dem alleine seinem Ehrencodex verpflichteten Investigativjournalisten und TV-Korrespondenten Lowell Bergman gerechnet. Obwohl kurzfristig in den unbefristeten Urlaub verfrachtet, bleibt dieser weiterhin an der Story, um seinem in Gefahr befindlichen Informanten Wigand beizustehen, den in dieser Situation Frau und Kinder verlassen haben, weil sie dem Druck und der anonymen Bedrohung nicht mehr standhielten, und die Öffentlichkeit unerschrocken von den subversiven Praktiken, Lügen und Täuschungsmanövern des Zigarettenkonzerns zu unterrichten. Dabei wird er von sämtlichen Kollegen und Vorgesetzten im Stich gelassen und kämpft mutig alleine für Wahrheit und Unabhängigkeit. Im Zusammenspiel mit der konkurrierenden Presse gelingt es ihm schließlich, das brisante Interview über die Printmedien zu verbreiten und damit den Kampf des David gegen Goliath für sich zu entscheiden. Bei einer Anklage von 50 US-Bundesstaaten wegen der im Film dargestellten Ereignisse gegen die Tabakindustrie wurde diese in einem Vergleich zu einer Zahlung von 246 Milliarden Dollar verpflichtet. Al Pacino (Lowell Bergman) und Russel Crow (Jeffrey Wigand) sind die unbestrittenen Stars dieses männerlastigen, für sieben Oscars und zahlreiche andere Auszeichnungen nominierten Thrillers, der gänzlich ohne Blut und Action auskommt und in voller Länge alleine durch deren packende Darstellung und die spannungsreiche Story zu fesseln vermag. Tanja Schleyerbach |
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Schwäbische Landeskunde für die Bauchmuskulatur „Nonder, nuff und mitten nei“ Zum Lachen geht der Schwabe angeblich in den Keller – bei der Lektüre dieses Buches wird man es allerdings nicht bis dorthin schaffen, bevor man lauthals loslachen muss. Anton Hunger, ehemals Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung und lange Jahre PR-Chef bei Porsche hat zusammen mit dem Redakteur Martin Hohnecker eine Landeskunde von Schwaben geschrieben, die sehr zeitgemäß, voller Hintergrundwissen, abwechslungsreich und witzig ist. Er spannt den Bogen vom Bauernaufstand im 16. Jahrhundert bis hin zu Stuttgart 21, erzählt von schwäbischen Dichtern und Erfindern, von der vielfach unterschätzten Metropole Stuttgart, von Industrie- und Esskultur, von Weinanbau, von Charaktereigenschaften und vom Alltag im Schwabenland. Auch die unverwechselbare Semantik der Schwaben kommt nicht zu kurz. Und trotz Bekanntem wie Mercedesstern, Schiller, Maultaschen und Trollinger lernt man viel dazu. Sodele, gell? Andrea Däuwel-Bernd |
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Afrika zwischen Tradition und ModerneSchlafkrankheit. - Regie: Ulrich Köhler. - 1 DVD, 2011. - 91 Min. Ebbo und Vera Velten leben seit 20 Jahren in verschiedenen afrikanischen Ländern und mit Beginn der Geschichte in Yaounde, Kamerun, wo Ebbo ein Schlafkrankheitsprojekt leitet. Sie sind gerade dabei, ihre Zelte abzubrechen und ihr Haus ihrem Nachfolger zu übergeben, um zu ihrer vierzehnjährigen Tochter, die in Deutschland ein Internat besucht, zurückzukehren, als ein Kollege Ebbo dazu verleitet, weitere Projekte in Afrika zu übernehmen. Das bedeutet das Ende für die Beziehung zwischen Vera und Ebbo, und Vera kehrt mit ihrer Tochter alleine zurück. Ebbo ist ein Mensch, mit dem man lieber nicht verheiratet sein möchte, den man nicht zum Vater haben möchte, nicht zum Chef oder Kollegen und auch nicht zum Nachbarn. Wenig zimperlich geht er mit seinen Mitmenschen um, auch nicht mit Frau und Tochter und schon gar nicht mit Angestellten oder Kollegen. Als Alex Nzila, ein französischer, dunkelhäutiger Mediziner mit kongolesischen Wurzeln, im Auftrag der Weltentwicklungshilfe drei Jahre später nach Kamerun reist, um Ebbos Projekt zu evaluieren, trifft er auf einen destruktiven, jähzornigen, sich selbst hassenden Menschen, der inzwischen eine junge Afrikanerin geschwängert hat, dessen Geburt ausgerechnet Alex einleiten soll und dabei versagt, so dass Ebbo selbst seinem zweiten Kind ins Leben hilft. Ebbo lässt sich bei Alex verleugnen, denn sein Projekt ist nur noch eine Farce: statt 60 Kranken monatlich ist es nur noch eine Frau, deren Schlafkrankheit auf der Krankenstation behandelt wird, und auch ein Screening in den Dörfern ergibt keine bessere Quote. „Ich brauche Kranke“ ist der erbärmliche Satz, mit dem Ebbo seine Mitarbeiter an- und seine Verzweiflung hinausschreit. Er hat nur noch Interesse am Kassieren der Entwicklungsgelder, ohne bei geänderter Sachlage neue Projekte damit verwirklichen zu wollen. Viel lieber widmet er sich seinen Bequemlichkeiten und Vergnügungen in Form von afrikanischen Frauen, Champagner und der Jagd. Ulrich Köhler arbeitet das zwischenmenschliche familiäre und interkollegiale Konfliktpotenzial sehr genau heraus, er zeigt einen Kontinent, dem es an Korruption und Armut nicht mangelt, dessen Strukturen dringend reformiert werden sollten, ohne dass die Afrikaner gewillt wären, Konzepte zu entwickeln oder gar von außen anzunehmen und sie in einer angemessenen Zeit umzusetzen. Köhler verschweigt auch nicht die schwierigen Seiten der Entwicklungshilfe: mangelnde Kontrolle, Ablehnung von Kontrolle, unsaubere Verwendung und Verschwendung der Gelder, Misstrauen auf beiden Seiten. Alex bleibt der Kontinent seiner Vorfahren fremd, und auch er wird von den Afrikanern abgelehnt. Am Ende hat er Ebbos Zukunft in der Hand, und immer wieder fällt der Satz „Ich weiß nicht, was ich in den Bericht schreiben soll“. Die Geschichte endet in einem menschlichen Drama. Schlafkrankheit ist kein einfacher Film, konzentriert er sich doch eher auf problematische Seiten der Entwicklungshilfe und die dunklen Schatten Afrikas sowie dessen Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne. Romantisierende Vorstellungen des Kontinents mit viel Entwicklungspotenzial kann man getrost vor Einlegen der DVD beiseite legen. Auch die menschlichen Beziehungen in Schlafkrankheit befassen sich nicht mit den Sonnenseiten des Lebens. Sehr verdient hat Köhler, der als Sohn von Entwicklungshelfern seine Kindheit in Zaire (heute Kongo) verbracht hat, für diese Regiearbeit den Silbernen Bären der Internationalen Filmfestspiele gewonnen. Tanja Schleyerbach |
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Emotional aufwühlende Spurensuche nach argentinischen Familienwurzeln
Das Lied in mir. – Regie: Florian Cossen. – 1 DVD. – 95 Min. |