Empfehlungen Oktober/November 2013

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Von Äsop bis Zola - Stöberecke für Weltliteratur

1001 Bücher, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist. - Ausgewählt und vorgestellt von 157 internationalen Rezensenten. - Ed. Olms, 2013. - 960 S.

Zu wenig Empfehlungen? Zu wenig Orientierung im Literaturdschungel? Hier ist das Buch, das für Abhilfe sorgt. 2007 erschien dieses umfangreiche Nachschlagewerk zum ersten Mal , wurde seitdem regelmäßig aktualisiert und bietet nun mit jeweils einer oder einer halben Seite umfassende Empfehlungen, Fotos, Cover und Kurzinformationen rund um die Weltliteratur. Es enthält  Informationen zu Entstehung, Inhalt, literarischer Bedeutung und Rezeption von literarischen Werken. Die Auswahl traf ein internationales Team von 157 Schriftstellern, Journalisten und Literaturwissenschaftlern. Sie haben literarische Klassiker entstaubt, vergessene Kostbarkeiten wiederentdeckt und die zeitgenössische Literatur nach Lesenswertem durchforstet.

Die neueste Ausgabe berücksichtigt Bücher bis ins Jahr 2011. Die Artikel sind kurz und knapp gehalten und bieten oft überraschend viel Hintergrundwissen. Als Appetitanreger, zum Stöbern und Querlesen.

Andrea Däuwel-Bernd

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Italienisches Spannungskino vom Feinsten

The best offer – Das höchste Gebot. – Regie: Giuseppe Tornatore. - 2013. - 1 DVD. - 125 Min.

Virgil Oldman (Geoffrey Rush), ein renommierter Kunstauktionator und menschenscheuer Eigenbrötler wird von der ebenso schwerreichen wie schwerkranken Claire Ibbotson beauftragt, das Erbe ihrer Eltern in Form einer Villa mit Kunstgegenständen aufzulösen. Die ebenfalls einzelgängerische Claire bleibt unsichtbar, lässt Termine aufgrund ihrer Krankheit immer wieder platzen, und Virgil ist hin- und hergerissen zwischen Ärger und Neugierde, die allmählich die Oberhand gewinnt. Es entwickelt sich eine zarte Bande zwischen dem so ungleichen Paar, die immer wieder durch Claires exzentrisches Verhalten zerstört zu werden droht, worunter Virgil unsäglich leidet. Auch er hat ein Geheimnis: seine über Jahrzehnte in seinen Auktionen erstandene wertvolle Kunstsammlung. Die weiteren handelnden Personen: ein Restaurator und ein befreundeter Kunstkenner.

Geoffrey Rush fesselt durch sein intensives charismatisches Spiel ebenso wie der subtile Spannungsaufbau und die überraschenden Wendungen der raffinierten Story, perfekt unterlegt durch die stimmige Musik Enrico Morricones. Das überraschende Finale lässt einen atmosphärisch durchweg gelungenen Filmabend fesselnd zu Ende gehen.

Unbedingt genießen!

Tanja Schleyerbach

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Genreüberschreitende Mini-Sinfonien

Helbig, Sven: Pocket Symphonies / Fauré-Quartett ; MDR Leipzig Radio Symphony ; Kristjan Järvi. – Berlin: Deutsche Grammophon, 2013. – 1 CD + Beih.

Sven Helbig, ein Künstler, der sich in allen Musikgenres und Kunstgattungen wohl zu fühlen scheint und bisher als Produzent und Arrangeur von Rammstein, den Pet Shop Boys, Rene Pape und dem Fauré Quartett sowie als Künstler von multimedialen Musikprojekten (z.B. ein Chorwerk für den Deutschen Evangelische Kirchentag) in Erscheinung getreten ist, legt hier zum ersten Mal eine CD mit klassischen Werken vor. Seine CD Pocket Symphonies (Hosentaschen-Sinfonien) enthält zwölf kleine Sinfonien, die wie bei einen guten Song nie länger als fünf Minuten dauern.

Dabei überschreitet er Grenzen: seine kurzen „Sinfonien“ werden zu Songs, die das ganze Klangspektrum und die Drammatik einer Sinfonie ausreizen. Auch die Besetzung ist ungewöhnlich: die CD wurde vom preisgekrönten Fauré-Qauartett und der MDR Leipzig Radio Symphony unter der Leitung von Kristjan Järvi eingespielt.

Was macht diese CD nun so außergewöhnlich?
Es ist vor allem das Hörerlebnis: Mal ist die Musik sphärisch, dann wieder verspielt und leicht, dann bricht der geballte Orchestersound wie ein Tornado über einen herein. Die Musik ist anders und neu - und doch wieder nicht. Wer möchte, kann die Musik, die sich stilmäßig zwischen Filmmusik und Minimalmusic bewegt, einfach nur genießen, und wem dies zu wenig ist, lässt sich fallen und versucht die wahnsinnigen Harmonien, mit denen die Werke gespickt sind, zu ergründen. Diese CD wird auch nach dem 20ten Mal anhören nicht langweilig und fesselt vom ersten Ton an.

Der Komponist selbst schreibt im Booklet der CD zu seiner Musik: „Und aus Sinfonien werden Songs. Zwölf sinfonische Stempel, die ihren Abdruck auf den Briefmarken unseres Verlangens nach sinnstiftender Sinnlichkeit hinterlassen. Der Schöpfer wird zur Nebensache, wichtig sind allein die Bilder, die sie beim Hören auslösen. Tausendfach, millionenfach – und täglich sind es andere…“

Unbedingt anhören!

Barbara Münz

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Mitreißende Reportagen von den Krisenherden der Welt

Kermani, Navid: Ausnahmezustand. Reise in eine beunruhigte Welt. - München. Beck. - 2013, 252 S.

Navid Kermanis gesammelte Reisereportagen aus den Krisengebieten des Nahen Ostens erzählen davon, wie Gewalt entsteht. Ein Buch das das aktuelle Weltgeschehen auf eine ganz eigene und private Weise beleuchtet. Hier wird nicht Katastrophentourismus zelebriert, sondern der Autor taucht mit konzentriertem und mitfühlendem Blick in das Leben der Menschen in den Ländern Arabiens und Asiens ein. Mitreißend und poetisch!

Navid Kermani ist habilitierter Islamwissenschaftler. Er lebt als  Regisseur und Romanautor in Köln und schreibt für namhafte Zeitungen und Magazine. „Ausnahmezustand“ ist eine Sammlung von Reisereportagen aus den vergangenen sieben Jahren. Sie sind in der Zeit, der Süddeutschen Zeitung, der tageszeitung und anderen Zeitungen erschienen.  Es sind Reisen in eine beunruhigte und beunruhigende Welt. Sie bieten wertvolle Einblicke für alle, die sich für das aktuelle Weltgeschehen interessieren und Hintergründe erfahren wollen.

Der von der internationalen Politik längst vergessene Kaschmir-Konflikt, soziale Konflikte in Indien, Hindu-Fundamentalisten in Gujarat und die Gettoisierung von Millionen von Muslimen in der indischen Provinz, über den Sufismus und religiöse Konflikte in Pakistan, der Krieg in Afghanistan, die Aufstände in Teheran nach der vorletzten Präsidentenwahl im Iran 2009, der Bürgerkrieg in Syrien und dessen ungewöhnliche Allianzen von Regime und Aufständischen, die Situation der Palästinenser und zum Schluss die Lebensumstände der Bootsflüchtlinge in Lampedusa betrachtet Navid Kermani, indem er sich unter die Leute mischt und ihre Ansichten und Lebensumstände dokumentiert. Und obwohl die Reportagen nicht die ganz aktuelle Weltlage widerspiegeln, wird es beim Lesen nicht langweilig. Dafür sorgt die Sicht des Autors, der den Alltag der Menschen in der Ausnahmesituation abbildet, aufzeigt, wie sich Krisenherde verändern und viele unbekannte Aspekte der Konflikte darstellt. Ein Buch zum Dazulernen!

Andrea Däuwel-Bernd

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Großartige Männerstimmen in den höchsten Tönen

Les Contre-ténros. – S.l.: Naive, 2013. – 1 CD + Beih.

Gesang ist eine der ältesten künstlerischen Ausdrucksformen der Menschheit und die wohl ursprünglichste des Menschen überhaupt. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich eine hohe Kunstfertigkeit entwickelt, die insbesondere in der Vokalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts zu einer wahren Blüte geführt hat. Mit Countertenor bezeichnet man männliche Stimmen, die in ihrer Stimmlage über dem natürlichen Stimmumfang eines Tenors liegen und Tonhöhen der Frauenstimmen erreichen. Aber welch ein Unterschied besteht allein im Klang! Die CD „Les Contre-ténors“ versammelt die derzeit besten Stimmen des Faches wie Philippe Jaroussky, Iestyn Davies, Gérard Lesne, James Bowman und Andreas Scholl. Zu hören sind besondere Soloarien und Stücke der Musikgeschichte aus Kantaten von Johann Sebastian Bach und Opern von Vivaldi, Händel und Gluck. Wer sich von der ebenso erstaunlichen wie überzeugenden Kunst der hohen Männerstimmen überzeugen möchte, kann dies zum Beispiel mit dem „De torrente“ aus Dixit Dominus von Antonio Vivaldi tun. So unterschiedlich und individuell die Stimmen der Sänger auf dieser CD auch sind, mühelos und voller Wärme musizieren sie mit dem ihnen eigenen Timbre. Großartig!

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Eine große Liebe inmitten des Nahostkonflikts

Out in the Dark – Liebe sprengt Grenzen. – Regie: Michael Mayer. – 1 DVD. – 96 Min.

Der aus armen Verhältnissen stammende palästinensische Student Nimr aus der West Bank begegnet in einer Nacht dem attraktiven und gutsituierten Junganwalt Roy aus Tel Aviv, und es passiert, was es in Palästina wie auch in anderen Staaten nicht geben darf: die beiden verlieben sich. Anders als in vielen demokratischen Ländern kann diese Liebe für den Palästinenser das Todesurteil bedeuten. Die eigene Familie verstößt ihn, und nach seiner erzwungenen Rückkehr nach Palästina wird er brutal zusammeneschlagen. Es ist eine fast ausschließlich von Männern beherrschte Welt voller Gewalt und ohne Toleranz, in der es um Macht, und vermeintlich auch um Ehre, Moral und Tradition geht. Die Liebesbande zwischen den beiden Männern droht immer wieder an den politischen Fronten und familiären Alltagskonflikten ebenso wie an Nimrs Todesängsten zu zerbrechen. Auch die Eltern Roys sind keineswegs beglückt über die Beziehung ihres erfolgreichen Sohnes, der den Absprung aus der väterlichen Kanzlei noch nicht geschafft hat. Nimrs Ausreisegenehmigung wird von einflussreichen Beamten nicht verlängert, und das kann für ihn nur Tod oder Flucht ins westliche Ausland und damit die Trennung von Roy bedeuten.

Der israelische Regisseur hat ein packendes Drama über den gewaltvollen Alltag im Nahostkonflikt, die Werte der palästinensischen und israelischen Gesellschaften sowie über die persönlichen Ängste und die Verzweiflung von Homosexuellen in einer toleranzfreien Gesellschaft, vor allem aber über eine große Liebe gedreht.

Tanja Schleyerbach