Empfehlungen August/September 2013

Unsere Mitarbeiter/-innen empfehlen - August/September 2013

Spannende Schatzsuche zu viert

Das Geheimnis von Monte Cristo. – Pegasus Spiele, 2011

Schatzsucher aus der ganzen Welt strömen nach Marseille. Es wird geraunt, dass ein rachsüchtiger Graf den Großteil eines unermesslichen Schatzes im Chateau d’If versteckt habe. Es handelt sich um den Graf von Monte Cristo, der jahrelang in den Verließen eingesperrt war und diese wie seine Westentasche kennt.

Das Ziel des Spieles ist, seine Schatzsucher zum Chateau d‘ If zu schicken und so viele Schätze wie möglich zu ergreifen. Der Spieler, der es als Erstes schafft, über 40 Punkte zu kommen, ist der Sieger. Mit Hilfe des neuartigen „Action Slide“ lässt sich die Spielerreihenfolge immer wieder beeinflussen. Durch einen taktisch klugen Zug lassen sich aber auch die Strategien der Mitspieler schnell ins Wanken bringen.

Das Spiel lässt sich sehr gut zu viert spielen und macht viel Spaß. Durch die taktische Beeinflussung eröffnen sich viele Möglichkeiten, die das Spiel bis zur letzten Wertungsrunde spannend sein lassen.

Silke Rieger

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Der reiche Schatz der Maya

Herz des Himmels – Herz der Erde. – Regie: Frauke Sandig und Eric Blanc. – 1 DVD. – 2012, 88 Min. – Spanisch und Maya-Sprachen mit deutschen Untertiteln

Nein, die Welt ist nicht untergegangen am 21.12.2012. Aber der Film handelt von einer Kultur, die in den letzten Jahrzehnten systematisch zerstört wurde und von den Maya, deren Kultur diese Prophezeiung entstammt, wie eine Apokalypse erlebt wurde. Die Maya tragen einen unendlichen Schatz an Weisheit, Verbundenheit mit der Erde und allen Lebewesen und mit der spirituellen Welt in sich. Sie leben von ihrem Ursprung her im Einklang mit allem Lebendigem wie mit ihren Toten.

Im Süden Mexikos, auf der Hochebene Chiapas und in Guatemala bewegt sich das Filmteam über mehr als ein Jahr lang, erwirbt geduldig das Vertrauen der verschlossenen Einheimischen, die ihnen nach geraumer Zeit tiefe Einblicke in ihre Zeremonien, ihre Kultur, ihre Gedanken, ihr Fühlen, ihr Leid, ihre Erfahrungen und Erlebnisse, ihr Leben gewähren. Das Ende des natürlichen Maisanbaus mit Beitritt zum nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA, der Anbau von genmanipuliertem Mais, die Privatisierung des Wassers, das Austrocknen des Landes, die Verschärfung der Armut, die Abholzung des Regenwaldes, die Ausbeutung der Erde in den Goldminen und zur Ölgewinnung, die Missachtung von Umweltauflagen und rechtlicher Grundlagen und deren Folgen, die Ermordung, der Genozid, die Enteignung und Entrechtung der Maya; in diesem Mikrokosmos ballen sich alle Themen, die ein friedliches und gerechtes Zusammenleben aller Völker weltweit verhindern.

Eingebettet in Texte aus dem heiligen Buch der Maya, dem Popol Vuh, gelingt dem Filmteam die Gratwanderung zwischen verklärter Sozialromantik und nüchterner Analyse, zwischen westlichem Blickwinkel und indigener Sichtweise, zwischen Spiritualität und Politik. Langsame, ruhige und tiefe Bilder, überlegte Schnitte, bewegende Interviews, unmittelbare Gefühlsausbrüche, Trauer und Schmerz über den Verlust und die Zerstörung der Kultur zeichnen diese Dokumentation aus. Aber sie zeigt auch die Widerstandsfähigkeit der Maya, ihr Erwachen, ihren Kampfgeist, ihre Vielschichtigkeit (32 Sprachen!), ihre Pflege der Kultur und Spiritualität. Die Schildkröte als Trägerin der Welt, der Mais als mythologisches Symbol, der Himmel als Welt der Götter, die Ceiba als Weltenbaum, die Ruinen vergangener Zeiten im Regenwald, sie geben zusammen mit dem informativen Beiheft eine Ahnung davon, wie reich der Schatz ist, den die Maya im Begriff sind, vollständig zu verlieren.

Tanja Schleyerbach

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Literarisch ambitionierter Argentinien-Krimi

Sacheri, Eduardo: In ihren Augen. - Bloomsbury, 2012. - 331 S.

Von der Fülle der deutschen „Regionalkrimis“ heben sich die literarisch ambitionierten Krimis von Autoren aus anderen Ländern wohltuend ab. Ein sympatischer Justizbeamter, eine tragisch endende Liebe, politische Entwicklungen sind die Ingredienzen für diese Kriminalgeschichte, die in Argentinien spielt.

Der frisch pensionierte Ermittler Benjamin Chaparro aus Buenos Airos will ein Buch über jenen Fall schreiben, der ihn sein ganzes Berufsleben lang nicht losließ. Eine junge Frau wurde in den 70er Jahren in ihrer Wohnung vergewaltigt und erschlagen. Der Fall verfolgt den Justizbeamten, vor allem weil er durch die Trauer des Ehemanns berührt wird und Sympathie für ihn hegt. Die Ermittlungen verlaufen zunächst im Sande, bis Chaparro durch den Witwer auf eine Spur kommt, die erfolgreich ist. Aber die politischen Entwicklungen im Argentinien der 70er Jahre vereiteln die Strafverfolgung, denn der geständige Mörder kommt nach kurzer Gefängnishaft wieder frei. Er hat politische Gefangene ausspioniert und war der Militärjunta von Nutzen. Kurz darauf macht der Mörder im Sicherheitsapparat Karriere, und auf einmal ist das Leben des Justizbeamten in Gefahr. Lange Jahre muss er im Exil in der Provinz weit entfernt von Buenos Aires leben. Erst als eine Rückkehr durch veränderte politische Gegebenheiten möglich wird, findet der Fall ein Ende.

Begleitend zu dem Kriminalfall, den Benjamin Chaparro auf seiner alten Schreibmaschine niederschreibt, erfährt der Leser vieles über das Privatleben des Justizbeamten. Seine unerfüllte Liebe zu einer Richterin, die Auseinandersetzungen mit ignoranten Vorgesetzten, Freundschaft zu Kollegen. Kriminalistische Ermittlung und die Ermittlung der privaten Gefühle verweben sich zusehends, während der Leser die Entstehung des Manuskripts mitverfolgt. Das unpolitische Verbrechen bekommt Brisanz durch die politischen Ereignisse in der Militärdiktatur und beleuchtet so die Wunden der argentinischen Geschichte. Elementare Fragen nach Schuld, Strafe, Gerechtigkeit klingen an und zeigen, wie die traumatische Vergangenheit Täter und Opfer bis zum Schluss gefangen hält.

Eduardo Sacheri wurde 1967 in Buenos Aires geboren, wo er heute als Professor für Geschichte tätig ist. Lange Jahre arbeitete er in der Justizverwaltung, wo er die Inspiration für diesen Roman fand. Die Verfilmung des Romans erhielt 2010 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

Andrea Däuwel-Bernd

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Eine dramatische libanesische Familiengeschichte

Die Frau, die singt. - Regie: Denis Villeneuve. - 1 DVD, 2012. - 125 Min.

Die libanesischen Zwillinge Jeanne und Simon erfahren vom Notar und ehemaligen Arbeitgeber ihrer Mutter, was ihr Erbe ist, das die Mutter ihnen hinterlassen hat: ihren tot geglaubten Vater und einen ihnen bislang unbekannten Bruder zu suchen. Nur mit einem Bild ihrer Mutter und mit der Hilfe des Notars machen sich die beiden auf den schmerzhaften Weg in die Vergangenheit ihrer Mutter, um ihrem Vater und Bruder einen Brief ihrer toten Mutter zu überbringen.

In Rückblenden erfährt der Zuschauer, wie die Mutter im Bürgerkrieg des Nahen Ostens der 70-er Jahre für ihr Recht zu studieren gekämpft hat und welche Blutspur sie dabei hinterließ. Natürlich landet sie dafür im Gefängnis, und dort wird mit allen Mitteln versucht, sie zu brechen – bis zuletzt. Doch der Folterknecht muss unverrichteter Dinge erkennen, dass keine Vergewaltigung und auch sonst nichts diese starke Frau brechen kann. Erhobenen Hauptes sieht sie ihren Quälern in die Augen – und singt. Im Gefängnis gebiert sie auch ihre Zwillinge. Für Jeanne und Simon offenbaren sich sukzessive und mit sehr mühsamen Recherchen ihre Wurzeln, und es ist Jeanne, die ihnen noch unbarmherziger als Simon auf der Spur bleibt, ganz gleich, wie schmerzhaft sie auch sein mögen.

Die Wendung am Ende des nach Wajdi Mouawads Theaterstück "Verbrennungen" gedrehten Films ist unmenschlich grauenvoll und gerade deswegen so überaus eindrücklich. „Kann es sein, dass eins und eins doch eins ergibt?“ fragt Simon, und Jeanne begreift das Unfassbare. Die Briefe, die Nawal an ihren Mann und ihren Sohn schreibt, sind voller Größe und Weisheit. Am Ende haben die beiden ihren Bruder und ihren Vater gefunden – und doch sogleich wieder verloren.

Denis Villeneuves Film wurde 2011 für den besten fremdsprachigen Oscar nominiert.

Tanja Schleyerbach

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Spannend und romantisch: ein Beziehungsroman voller Gefühle

Brodie, Laura: Ich weiß, du bist hier. - gelesen von Andrea Sawatzki. - Der HörVerlag, 2010. - 4 CD, 423 Min.

Sarahs Mann ist schon seit drei Monaten tot, seine Leiche wurde nie gefunden. Sie sieht ihren Mann dennoch im Supermarkt und kann sich nicht vorstellen, dass er noch lebt. Bildet sie sich das alles nur ein, oder ist es wahr? Sowohl für Sarah als auch für den Leser ist unklar, ob er doch noch lebt oder tot ist. An Halloween steht ihr Mann aber wirklich vor der Tür und bietet Sarah ein neues Leben an. Sie muss sich jetzt mit ihrer Trauer und ihrem bisherigen Leben auseinandersetzen, ihrem nicht erfüllten Kinderwunsch, ihrem Rückzug aus der Ehe, alles stellt sie in Frage. Ein Weg zurück ins Leben schafft sie durch ihren Schwager, ein ganz anderer Mensch als ihr Ehemann David.

Es ist eine sehr romantische Geschichte, voller Trauer und gleichzeitig mit kraftvollen Zügen. Sarah versucht, wieder zu leben und zu lieben, und es ist ein schwerer Weg. Die Sprache ist trotz des traurigen Themas leicht und eingänglich, gleichzeitig ist die Geschichte sehr spannend, denn lebt David wirklich noch?

Andrea Sawatzki liest dieses Buch wunderbar, ihre Stimme ist sanft und angemessen für diese ruhige Geschichte. Gute und spannende Unterhaltungsliteratur.

Beate Reichmann

Der Titel ist auch als eBook im Medienbestand der eAusleihe.

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Ein Liebesbrief auf Reisen durch den Orient

Khider, Abbas: Brief in die Auberginenrepublik
Edition Nautilus, 2012. - 155 S.

In Nordafrika beginnt die Geschichte eines Briefes, der eine wesentliche Rolle im Roman von Abbas Khider spielt. Es ist das Jahr 1999, im Irak ist der Diktator Saddam Hussein an der Macht, in Libyen Gaddafi, in Ägypten Mubarak. Internet, Facebook, Twitter, E-Mail sind noch nicht bekannt, die arabische Revolution ist noch in weiter Ferne, und es ist ein riskantes Unterfangen, einen Brief an der Zensur vorbei zu schmuggeln.

Der Student Salim musste aus politischen Gründen aus dem Irak fliehen. Es hat ihn nach Libyen verschlagen, wo er im Exil lebt und als Bauarbeiter seinen Lebensunterhalt verdient. Er will einen Liebesbrief an seine Freundin schicken, die im Irak geblieben ist und von der er seit seiner Flucht kein Lebenszeichen mehr erhalten hat. Doch auf offiziellem Wege ist das unmöglich. Aber schließlich gibt es immer Wege, Dokumente und Informationen an der Zensur vorbei zu schleusen. Und so geht ein Brief auf die Reise mit einem Sammeltaxi von Bengasi in Libyen nach Kairo in Ägypten, von dort mit dem Bus nach Amman, mit dem Lastwagen weiter bis nach Bagdad, befördert durch ein illegales Netzwerk von Briefboten und deren Helfern. Gleichzeitig nimmt man teil am Leben von sieben Personen, die als Briefboten fungieren. Der Taxifahrer, der Caféhausbesitzer, der Busfahrer, ein Reisebüroinhaber, ein Polizist im Irak, die Frau des Geheimdienstchefs haben ihre ganz eigenen Probleme und Lebensumstände. Im Roman kommen sie alle zu Wort und breiten ein Spektrum von Schicksalen, Lebensumständen, politischen Verhältnissen und Charakteren aus.

Der in Berlin lebende Schriftsteller Abbas Khider wurde 1973 in Bagdad geboren. Als 19-Jähriger wurde er dort verhaftet, gefoltert und inhaftiert. Nach der Flucht aus dem Irak hielt er sich als illegaler Flüchtling in verschiedenen Ländern auf, seit 2000 lebt er in Berlin. „Brief in die Auberginenrepublik“ ist sein dritter Roman. Seine Geschichten bieten einen faszinierenden Einblick in die Realität der von Kriegen, Korruption und Despoten gezeichneten Länder Arabiens. 2010 erhielt der Autor den Adalbert-von-Chamisso-Förderpreis, 2013 den Hilde-Domin-Preis.

Andrea Däuwel-Bernd