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Die Seniorengang auf Beutezug durch Stockholm
Ingelmann-Sundberg, Catharina: Wir fangen gerade erst an. – Scherz, 2013. – 416 S.
Märtha, Snille, Kratze, Anna-Greta und Stina wohnen im Altersheim „Diamant“. Doch die fünf fitten Achtziger haben sich das Leben dort ganz anders vorgestellt. Das Essen ist schlecht, die Freizeitangebote fallen den Sparmaßnahmen zum Opfer, und die Senioren leiden unter einer tyrannischen Hausleitung. Deshalb schmieden sie einen Plan: Sie müssen ein Verbrechen begehen, damit sie ins Gefängnis kommen, denn dort soll es den Insassen viel besser gehen: gutes Essen, vielfältige Sportangebote, keine Sparmaßnahmen, geregelter Freigang. Doch Planung und Durchführung eines Verbrechens sind gar nicht so einfach...
Es ist zu komisch, wie die fünf rüstigen Senioren zu Verbrechern werden, welche Pläne sie aushecken und wie es ihnen dann tatsächlich gelingt, aus dem Stockholmer Nationalmuseum mithilfe von Rollator und vorgetäuschten Schwächeanfällen zwei wertvolle Gemälde zu stehlen. Gewitzt führen sie nicht nur die Heimleitung und die Polizei hinters Licht.
Ein amüsant zu lesendes Buch, das aber auch einen kritischen Blick auf die Situation in Altersheimen wirft!
Silke Rieger
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Reutlinger Vorlesebuch für die ganze Familie
Hamer, Jorunn: Expedition Reutlingen. - Mauser & Tröster, 2013. - 262 S.
Die Neuerscheinungen über Reutlingen sind leider rar gesät, umso mehr Begeisterung kann es wecken, wenn ein neues Buch auf den Markt kommt. Die Reutlinger Künstlerin Jorunn Hamer hat nach sechsjähriger Recherche ein Kinderbuch geschrieben und gemalt, das sich mit der Geschichte von Reutlingen und seinen Teilorten beschäftigt. Bereits vor einigen Jahren hat sie einen lokalen „Bestseller“ herausgegeben: „Oma und Opa wohnen in Betzingen“ stellte auf unterhaltsame Weise den historisch interessanten Ort für Kinder vor. Nun hat sie das Ganze auf die einzelnen Stadtbezirke von Reutlingen ausgeweitet. Mit ihren Malutensilien zog sie durch das Stadtgebiet, skizzierte Landschaften und Gebäude und kam mit den Menschen ins Gespräch. Viele Anekdoten hat sie in ihrem Buch „Expedition Reutlingen“ wiedergegeben.
Die Kinder Jacob, Finn und Nele machen Ausflüge mit ihren Großeltern auf die Achalm, durch die Reutlinger Altstadt, durch die Teilorte und in die Reutlinger Museen. Dabei lernen die Kinder viel über den Alltag in früheren Zeiten auf dem Dorf und über die Geschichte der Ortschaften rund um Reutlingen. Gerade die kleinen Dinge und Begebenheiten sind es, die den Lesern einen Begriff von Heimat vermitteln.
Ein Vorlesebuch für Kinder und Eltern und eine Anregung, was man in nächster Nähe alles unternehmen kann.
Andrea Däuwel-Bernd
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Opa Jans lustige Erlebnisse mit einem Elefanten
Dokkum, Marius van: Opa Jan und der gigantische Hauptgewinn. - Esslinger, 2013.- 22 S.
In diesem witzigen Bilderbuch nimmt Opa Jan mit seinen vielen Tieren an einem Malwettbewerb teil, und sie gewinnen! Und zwar ein Elefantenbaby mit dem Namen Olli. Noch ist er klein, aber er wächst und wächst. Olli braucht ganz viel zu essen und noch mehr Platz. Als er nicht mehr ins Haus passt, baut Jan ihm sein eigenes. Doch dann hat der große Elefant auch noch Angst vor Mäusen. Also beschließt Opa Jan, Olli auf den Mond zu schießen, da es dort keine Mäuse gibt. Doch das scheint wohl auch nicht die richtige Lösung zu sein. Am Ende kommt der Elefant in den Zoo, wo er glücklich ist.
Dieses Bilderbuch ist wunderbar illustriert. Es kann vorgelesen werden, man kann es selbst lesen und in eine lustige Welt versinken. Für Kinder und Erwachsene, die noch einmal Kind sein wollen.
Beate Reichmann
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Im Glashaus der Einsamkeit
Die Wand. – Regie: Julian Roman Pölsler. – 1 DVD, 104 Min.
Es gibt Filme, deren Bilder auch nach Wochen noch nachwirken. Julian Roman Pölslers Literaturverfilmung von Marlen Haushofers Wand aus dem Jahr 1963 gehört dazu. Der Ausflug einer namenlosen Frau mit einem Ehepaar zu einer Jagdhütte endet in einem großen Glashaus: Das Ehepaar hat im Dorf übernachtet, eine unsichtbare Wand hat sich über Nacht zwischen die Frau und den Rest der Welt geschoben. Überall stößt sie an diese Grenze. Sie kann hinaussehen, aber niemand sieht oder hört sie. Sie lernt, zu überleben. Sie lernt, das menschliche Alleinsein auszuhalten. Sie lernt, ihre Liebe den verbleibenden Tieren zu schenken. Sie lernt alles über sich. Es gibt kein Entrinnen vor sich selbst. Sie hält alles schriftlich fest, bis sie nichts mehr zu schreiben hat.
Der Film lebt von der Stille, den Begrenzungen, der Enge, der Einsamkeit und dem Trost der Tiere. Eine Parabel auf die Glashäuser des menschlichen Zusammenlebens scheint greifbar. Eine dramatische Begegnung mit einem Mann endet tödlich. Als ein Tier nach dem anderen stirbt, zieht sich die Schlinge enger und enger um die Gefangene, die nackte Verzweiflung kriecht in jede Pore, und doch gibt es selbst in dieser Situation mit schwer auszuhaltendem offenem Ende immer wieder Hoffnungsmomente. Bella, die Kuh, könnte kalben.
Literaturverfilmungen sind ein Wagnis, das nicht immer gelingt. In diesem Fall hat Pölsler ein ebenbürtiges Meisterwerk geschaffen mit einer Martina Gedeck, die die beklemmende Enge zusammen mit ihrem treuen Hund Luchs in Atem stockende Bilder umsetzt. Großartig.
Tanja Schleyerbach
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Eine brutale Kindheit in Tasmanien
Parrett, Favel: Jenseits der Untiefen. - Hoffmann und Campe, 2013. - 219 S.
Der Debütroman australischen Autorin spielt an der tasmanischen Küste, eine unwirtliche, raue Landschaft, ein heruntergekommenes Fischerdorf ist der Schauplatz. Er handelt von den Brüdern Joe, Miles und Harry, 19, 13 und 8 Jahre alt, die ihre Mutter bei einem Verkehrsunfall verloren haben, als Harry ein Baby war. Während Harry und Miles bei ihrem Vater leben, der aggressiver Alkoholiker ist, hat Joe die Familie verlassen, nachdem er von seinem Vater schwer verletzt wurde. Harry flieht oft heimlich zu dem alten Außenseiter George, der sich rührend um ihn kümmert, geht aber immer wieder heim wegen Miles, der sich für alles verantwortlich fühlt und ebenfalls stets nach Hause zurückkehrt, um seinem jüngeren Bruder Geborgenheit zu geben, obwohl er von seinem Vater, der illegal fischt, zu schwerer Arbeit auf seinem Boot missbraucht und oft brutal geschlagen wird. Abschalten können Joe und Miles nur beim Surfen an der tasmanischen Küste, während Harry Strandgut sammelt. Die Brüder fürchten ihren Vater, der wild und unberechenbar ist. Aber keiner durchschaut den verbitterten Mann, den ein dunkles Geheimnis umgibt.
Ein spannendes, emotionales Meisterwerk, in dessen Mittelpunkt Geschwisterliebe und das Meer, aber auch Familie, Kinderängste und die Auswirkungen des Alkoholismus stehen. Gut zu lesen und schöne und klare Sprache von einer jungen Stimme aus „Down under“.
Die Autorin Favel Parrett, geboren 1974, wuchs in Tasmanien auf und lebt heute in Australien. Sie veröffentlichte zunächst Short Stories in Zeitschriften, bevor sie 2011 diesen ersten Roman schrieb.
Andrea Däuwel-Bernd
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Dichtes Drama mit starken Bildern
Uns trennt das Leben. – Regie: Alexander Dierbach. - 1 DVD, 90 Min.
Der Steinwurf des achtjährigen David auf die gleichaltrige Tine bei einer Hochzeit beendet Tines junges Leben abrupt. Eigentlich hat David doch nur nach dem Clown geworfen, der ihn immer wieder verfolgt, den aber außer ihm keiner kennt. Seine Mutter Constanze hat ihm immer wieder vom fernen Vater erzählt, der diesen Beruf ausübt. Eine aus Davids Biografie erklärliche Psychose wird erst durch den tödlichen Unfall und dem daraus resultierenden langen, einsamen Klinikaufenthalt des Kindes offenbar, bei dem er von der Kinderpsychologin Nora, die unter dem Druck der Öffentlichkeit und ihres Chefs möglichst sofort plausible Erklärungen abliefern soll, einfühlsam begleitet wird.
Uns trennt das Leben ist ein dichtes Drama um zwei Familien und eine Paarbeziehung, die jede auf ihre Weise um ihre Existenz ringen. Das einst so glückliche Leben von Tines Eltern droht an dem Verlust zu zerbrechen, der neue Partner von Davids Mutter, mit dem sie sich so gerne vergnügt und David alleine zu Hause gelassen hat, hat sich wie Davids Vater gleich nach dem Unfall aus dem Staub gemacht, und Noras Beziehung mit dem brotlosen Schreiner, bei dem eines Tages von Nora unbemerkt der Insolvenzverwalter vor der Türe steht, schrammt ebenfalls an ihrem immer fraglicher werdenden Kinderwunsch und gegenseitigem Wahrnehmen und Verstehen vorbei.
Zerbrechlich ist das Leben, und Alexander Dierbach, der auch das Drehbuch verfasst und sieben Jahre an dem Film gearbeitet hat, hat dafür genau die richtigen Schauspieler und starke Bilder gefunden.
Tanja Schleyerbach
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