Empfehlungen Februar/März 2014
Bewegende Vater-Sohn-Geschichte
Gilmour, David: Unser allerbestes Jahr. - S. Fischer, 2009.- 253 S. Was macht man mit einem Sohn, der nicht mehr in die Schule gehen möchte? In die Schule prügeln vielleicht oder Moralpredigten halten? Das macht alles David, Jesses Vater, nicht. David schlägt seinem Sohn folgenden Handel vor: sie schauen drei Filme pro Woche zusammen an, von Truffaut und Hitchcock bis „Basic Instinct“. Jesse geht auf den Vorschlag ein, er hat Vertrauen zu seinem Vater, und der Vater, was genauso wichtig ist, vertraut seinem Sohn, dass dieser seinen Weg finden wird. Sie reden über jedes Thema: die erste Liebe, Menschen, die einen enttäuschen können, Gefühle und Jobs. Jesse arbeitet als Tellerwäscher, hat die falschen Freunde, schreibt Raptexte und singt. Ein ständiges Auf und Ab für den Vater. Beschrieben wird auch die Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Die Eltern leben getrennt, verstehen sich aber gut. Eine wichtige Rolle für Jesse spielt auch Tina, die Ehefrau von David. Sie rauchen oft eine Zigarette zusammen, und dabei unterhalten sie sich über das Leben. Einer der schönsten Szenen in diesem Buch ist, als David weint, da Jesse seine erste Liebe verliert. Es gibt Geschichten in diesem Buch, in denen man sich selbst wiederfindet in jeder Rolle: Kind, Eltern, Jugendlicher, Erwachsener, Freund oder Freundin, in welche Geschichte man gerade schlüpfen möchte. Dieses Buch ist authentisch, und deshalb ist es auch so fabelhaft. Es sind die Helden des Alltags mit ihren Schwächen und Stärken, keine Superhelden. Manchmal wird vielleicht auch zu umfangreich von Filmen berichtet und ist für den spannend, der Filme liebt. Diese Geschichte ist so schön geschrieben wie ein Welle im Meer, von der man getragen wird. Keine komplizierten Sätze, eine einfache Schreibweise, das Motto von David Gilmour. Eine wunderbare und bewegende Geschichte. Ein großartiges und schönes Buch. Einfach lesen! Beate Reichmann |
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Frauenpower und Mannomann
Gedichte für Frauen. - Hrsg. von Michael Frey und Andreas Wirthensohn. - Deutscher Taschenbuch Verlag 2013. - 141 S. Gedichte für Männer. - Hrsg. von Michael Frey und Andreas Wirthensohn. - Deutscher Taschenbuch Verlag, 2013. - 142 S. Männer haben es nicht leicht. Da ist es doch beruhigend, dass sie mit ihren Sorgen nicht ganz allein auf der Welt sind. In diesem Lyrikband teilen Männer ihre Gedanken zu den komplizierten Dingen des Lebens, und das sind vor allem die Frauen. Aber auch Männerphantasien, Idealvorstellungen, Beziehungsprobleme und die schnöde Wirklichkeit kommen zur Sprache. Zwei kleine Lyrikbändchen für „Einsteiger“, die gerne auch mal vergnügliche und pointierte Texte lesen. Die Herausgeber Michael Frey und Andreas Wirthensohn haben Erfahrung mit solchen Gedichtbändchen, die sich auch zum Verschenken eignen. Andrea Däuwel-Bernd |
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Abschied vom Verzagtsein: ein Jugendlicher auf der Suche nach einem gelingenden Leben
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Von einer ungleichen Freundschaft
Den Ärmelkanal schwimmend zu durchqueren, ohne der englischen Küstenwache ins Netz zu gehen, ist nahezu ausgeschlossen. Außerdem soll Mîna von ihrem Vater in wenigen Wochen mit einem Cousin verheiratet werden, Bilal hat nicht mehr alle Zeit der Welt. Es geht nicht gut aus für Bilal, für Mîna, für Simon, für die Liebe, und doch ist es Menschenliebe, die diesen anrührenden Film trägt. Das Schicksal der Verzweifelten, der „Illegalen“, die von allen so schnell wie möglich abgeschoben werden sollen, ist in ergreifenden Szenen eingefangen. Tanja Schleyerbach |
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AC/DC und Kassettendecks
Kai Thomas Geiger ist in Stuttgart aufgewachsen, heute ist er Werbetexter, Blogger, Drehbuchautor und Musiker. In seinem ersten Roman verarbeitete er Jugenderinnerungen. Vergnügliches Buch mit viel Zeitgeist und Stuttgarter Lokalkolorit. Andrea Däuwel-Bernd |
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Eine dramatische Dreicksbeziehung im Dritten Reich
Ende der Schonzeit. – Regie: Franziska Schlotterer. – 1 DVD, 100 Min. Beim Wildern entdeckt Fritz den flüchtigen Juden Albert, der in den Wäldern den Weg in die Schweiz sucht. Er versteckt ihn auf seinem Hof und lässt ihn dafür arbeiten – im Stall und im Bett seiner Frau, gegen deren Willen, denn sie hat eine tiefe Abscheu gegen Juden. Der erhoffte Nachwuchs stellt sich dennoch nicht ein. Es sind bedrückende Szenen voll unterdrückter und offen ausgelebter Gefühle. Fritz schaut ungläubig zu, Fritz sitzt voller Eifersucht mit seinem Hund vor der Türe und lauscht, Fritz weint im Wald. Emma entdeckt plötzlich die Liebe und ihre Macht – und eines Tages ist sie tatsächlich schwanger. Doch Fritz soll vorerst nichts davon wissen, würde es ihr doch das neu entdeckte Vergnügen mit Albert nehmen. Als Fritz die Schwangerschaft nicht mehr zu verheimlichen ist, fühlt dieser sich hintergangen, und so betrinkt sich der Gedemütigte hemmungslos im Wirtshaus. Albert hat seinen Job erledigt, er kann nun den Nazis ausgeliefert werden. Walter kommt dieser Aufgabe mit großer Beflissenheit und innerer Genugtuung nach: Alberts Weg führt nach Auschwitz. Nach seiner Entlassung besucht Albert ein letztes Mal den Schwarzwaldhof: er will sein Kind sehen. Doch das existiert nicht. Emma und Fritz verstricken sich beide in Lügen, und der abgemagerte und gebrochene Albert zeigt zum ersten Mal wirklich Wut, als Emma erneut um seine Zuwendung im Bett buhlt. Brutal ist die Bettszene, und von der einstigen zarten Liebesbande ist nichts mehr zu spüren. Albert rächt sich nur noch für den Verrat, die Demütigungen und sein zerstörtes Leben. Das ist Brunos Zeugungsstunde. |