Empfehlungen Juni/Juli 2016
Ein zorniger Abenteuerroman
Cooper, Tom: Das zerstörte Leben des Wes Trench. - |
Andrea Däuwel-Bernd |
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Tragisch und mitreißend!
Moulin Rouge. Music from Baz Luhrmann’s film. – Twentieth Century Fox Film Corp, 2001. - 1 CD Wieder ausgegraben: 2001 kam der Soundtrack zu dem bekannten Film-Musical Moulin Rouge heraus und ist jetzt wieder neu bei uns im Haus. Die Musik erzählt die Geschichte des mittelosen englischen Schriftstellers Christian (Ewan McGregor) und einer Kurtisane, Satine (Nicole Kidman), welche den Wunsch hegt, Schauspielerin zu werden. Sie spielt in Paris, im Jahre 1899, in einem Varieté im Stadtviertel Montmartre. Das Drama handelt von Liebe bis über den Tod hinaus. Der australische Regisseurs Baz Luhrmann schafft es, die melancholische Stimmung perfekt einzufangen, ohne dabei ins Tragische abzugleiten. Natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz, gerade das „Elephant love medley“ ist spritzig und lustig. Im „Tango de Roxanne“ kommt Christians Verzweiflung über seine Geliebte zum Ausdruck und berührt den Hörer tiefgreifend. Das Album enthält nur die erste Hälfte des Films und wird teilweise auch von anderen Interpreten gesungen, aber das hat keinen Einfluss auf die Qualität. Mit Höhen und Tiefen, Charme und Tragik entsteht dadurch ein Soundtrack, der immer wieder die Lust auf den Film weckt und mit einer inneren Ruhe und Spannung Gänsehaut hervorruft. Hannah Diesch PS: Der zweite Teil ist bereits im Anmarsch! |
Hannah Diesch |
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Neuere Lesebücher zum Thema Musik
Lesebücher folgen einem sehr persönlichen Blickwinkel eines Musikers oder Schriftstellers. Einige neu oder wieder erschienene Veröffentlichungen, die ich hier kurz vorstellen möchte, wenden sich an Musikinteressierte mit einem breiten Interesse. Alle Bücher sind von profunden Kennern in sehr gut lesbarem Stil verfasst. Ortheil, Hans-Josef: Das Glück der Musik. Vom Vergnügen, Mozart zu hören. - btb, 2016. - 221 S. Das Mozart-Buch von Hanns-Josef Ortheil wurde 2006 erstmals zu Mozarts 250. Geburtstag veröffentlicht. Ortheil hatte sich zuvor vorgenommen, ein Jahr lang an jedem Tag Mozarts Musik unter den verschiedensten Bedingungen zu hören und seine Hörerfahrungen aufzuschreiben. Der Schriftsteller Ortheil, der selbst beinahe Musiker geworden wäre, hört sich durch den musikalischen Kosmos des berühmten Komponisten und macht sich seine kenntnisreichen Gedanken. Sehr anregend liest sich dieses schön geschriebene, vielfältige Buch. |
Axel Blase |
Gülke, Peter: Musik und Abschied. Bärenreiter, 2015, 362 S. Peter Gülke schreibt in seinem Buch in essayistischer Form über „Musik und Abschied“, über Leben und Tod, über die Kraft der Musik von Ahnung bis Trost und dringt in die Tiefe des menschlichen Seins vor. Der Dirigent, Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller widmet sich seinem Thema eingehend und bezieht herausragende Werke der Musikgeschichte beispielhaft in seine Überlegungen ein. |
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Brendel, Alfred: A bis Z eines Pianisten. Ein Lesebuch für Klavierliebende. Hanser, 2012. - 133 S. Der Grandseigneur unter den Pianisten, Alfred Brendel, widmet sich in seinem Büchlein von A bis Z den Angelegenheiten des Klavierspiels. Die Auswahl an Stichworten reicht von Balance bis Humor, von Jammerklavier bis Liebe, und von Noten bis Zusammenhang. Brendels Notizen und Erläuterungen offenbaren einen Schatz an musikalischen Erfahrungen, den er auf geschickte Weise mit seinem Leser zu teilen vermag. Wunderbar! |
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Spahn, Claudia; Richter, Bernhard: Musik mit Leib und Seele. Was mir mit Musik machen und sie mit uns. – Schattauer, 2016. - 232 S. Das vierte Lesebuch nähert sich auf ganze andere Weise der Musik und ihrer Wirkung. Claudia Spahn und Bernhard Richter, die beide Mediziner und Musiker zugleich sind, beschreiben in zehn Essays, „was wir mit der Musik machen und sie mit uns“ – so der Untertitel des Buches. Sie spüren der Wirkung der Stimmen von Figuren aus dem Disney-Film „Dschungelbuch“ und deren Filmmusik nach oder widmen sich dem Mythos Orpheus und seinen Vertonungen. Am Ende entnimmt man den inhaltlich sehr unterschiedlichen Kapiteln viele wertvolle Hinweise und Zusammenhänge, die den Menschen zum Musiker und den Musiker zum Menschen machen. Axel Blase |
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Tierisch menschlich
Der Berggorilla. – BBC Earth. – 1 DVD, 2015. – ca. 177 Min. Nicht ein Bergorilla, nein ganze Gruppen der in Zentral- und Westafrika beheimateten Gorillas werden dem Zuschauer mit dieser einfühlsamen Dokumentation nahegebracht. 700 der nächsten Verwandten des Menschen leben noch in diesem immer kleiner werdenden Gebiet, und sie sind durch die Menschen immer mehr vom Aussterben bedroht. Ein großes Forschungsteam führt die Feldforschungen der Dian Fossey fort, und es sind bisweilen sehr menschliche Züge, die man in den intelligenten Tieren zu erkennen vermag. Anrührend sind die Bilder, die Geschichten der Gorillas die mehr als 35 oder 40 Jahre alt werden können, sie erzählen von Kämpfen und Fortpflanzung, von Dominanz und Unterwerfung, Streit und Kompromissen, von heimlichen Liebesspielen am Rande und vom Kampf um die Anführerschaft in einer Gruppe, von Enterbung und der Schwierigkeit, in die großen Fußstapfen eines erfahrenden und geachteten Silberrückens zu treten, von Waisenkindern, allein erziehenden Vätern, Adoption und leider auch von gefährlichen Fallen und damit Verletzungen und die Tötung der Gorillas durch Menschen. Ein Kamerateam hat die Gorillas mehrere Monate in ihren natürlichen Lebensräumen begleitet und vermittelt faszinierende Einblicke ihres Soziallebens, aber auch in die verdienstvolle und spannende Arbeit der Menschen auf der Forschungsstation. Tanja Schleyerbach |
Tanja Schleyerbach |
Deutsche Mosaiksteine
Schäfer, Hermann: Deutsche Geschichte in 100 Objekten. - Piper, 2015, 656 S.
Der Direktor des British Museums hat es vorgemacht, wie Geschichte unterhaltsam anhand von einzelnen Museumsstücken erzählt werden kann. Sein Buch „Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten“ wurde zum Bestseller. Nun gibt es auch einen „Ableger“ für Deutschland, geschrieben von dem Historiker Hermann Schäfer, der lange Jahre das Museum für Zeitgeschichte leitete. Mittels 100 aus dem Deutschen Museum in Berlin ausgewählten Objekten bietet er einen neuen und anderen Blick auf die deutsche Geschichte, vom Thron Karl des Großen, der Bibel Martin Luthers, der Tabaksdose Friedrich des Großen bis hin zum Volksempfänger und Merkels Handy. Diese Artefakte bilden die deutsche Geschichte vom Altertum bis in die Gegenwart ab und wollen neugierig machen auf den Besuch von Museen und Ausstellungen. Ein umfangreiches Buch für alle Geschichtsinteressierte. Andrea Däuwel-Bernd |
Andrea Däuwel-Bernd |
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Titel verfügbar? |
Fehlende dreizehn Minuten eines Wutbürgers
Elser – Er hätte die Welt verändert. – Regie: Oliver Hirschbiegel. – 1 DVD, 109 Min. Elser – sein Attentat, es hat die Welt verändert, und es hat die Kraft, durch die Erinnerung an seine Tat auch heute noch etwas zu verändern. Auch wenn fehlende dreizehn Minuten die Weltgeschichte vollkommen verändert hätten. Ganz anders ist dieser frühe schwäbische Wutbürger als die heutigen, die, wenn es ungemütlich wird, diese Rolle auch schnell wieder verlassen. Und trotzdem ist dieser Mann über Jahrzehnte anders als andere Attentäter in der Bundesrepublik ignoriert und totgeschwiegen worden. Ein schwäbischer Schreiner, ein Attentäter als Held? Gewalt als letztes legitimes Mittel, um weitaus Schlimmeres und das Abschlachten von Millionen Menschenleben zu verhindern? Oliver Hirschbiegel hat ein intensives, erschütterndes Biopic über einen unbeugsamen Mann gedreht, der in jedem wohl die Frage hinterlässt: wie mutig muss man sein, um es als Einzeltäter mit Hitler aufzunehmen? Wo nimmt dieser Mann seine Weitsicht, sein technisches Wissen und seine grenzenlose Unverfrorenheit her, und der Film gibt folgende Antwort: aus seinem schwäbischen Eigensinn, aus seinem Glauben und der Erkenntnis, einen Weg konsequent und unter Einsatz des eigenen Lebens gegen alle Widerstände und alle Vernunft gehen zu müssen, um Schlimmeres zu verhindern. Er spielt in Rückblenden, und wenn die Folterszenen zu unerträglich werden, gibt es Kameraschnitte, die in eine unbeschwerte, fröhliche Jugendzeit und die frühen Erwachsenenjahre zurückblenden, die sein lebensfrohes Leben vor der Machtergreifung zeigen. Im Lauf des Filmes greifen die Stränge immer mehr ineinander über, das Grauen auch im schwäbischen Dorf Königsbronn bei Heidenheim wird aufdringlicher, und Elsers Familie scheint die einzige am Ort zu sein, die an ihrem Glauben statt an der verblendeten Ideologie der Nationalsozialisten festhält. Auch der ethische Konflikt, acht unbeteiligte Menschen auf dem Gewissen zu haben, wird nicht ausgespart. Elser leidet bis zuletzt schwer unter dieser Schuld. Fünf Jahre muss er es in Dachau aushalten, bis kurz vor Kriegsende im April 1945 mit einem Genickschuss seinem Leben ein Ende gesetzt wird. Die Schauspieler könnten nicht besser sein, sowohl Elser (Christian Friedel) und seine Geliebte Elsa (Katharina Schüttler) als auch die Verhörenden (u.a. Burghardt Klaußner als Kripo-Chef Arthur Nebe, der am Ende selbst hingerichtet wird), die keine Foltermethode scheuen, um die nicht vorhandenen Hintermänner Elsers in Erfahrung zu bringen, weil der „Führer“ es so will. Die auf Verhörprotokollen der Stasi basierenden Dialoge zeigen einen aufrechten Mann voller Wahrhaftigkeit mit einem sicheren Instinkt für das Richtige im Falschen. Immer wieder blitzen auch menschliche Annäherungen zwischen Elser und Nebe auf, der gewillt ist, ihm zu glauben. Doch dann heißt der Befehl des Gestapo-Chefs Heinrich Müller: „Wir legen die Wahrheit fest“, und die Kamera verschont uns nicht mit Grausamkeiten, um diese Wahrheit zu erfinden. Die protokollierende Sekretärin blättert derweil unerträglich lang und scheinbar unbeteiligt in einem Buch, während im Verhörzimmer Elser unvorstellbarste Qualen durchleben muss und seine Schreie durch Mark und Bein gehen. Pflichtfilm für alle älteren Schüler und dazu: ganz großes Kino! Tanja Schleyerbach
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Tanja Schleyerbach |