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Arrangiertes Ehedasein
Harris, Eve: Die Hochzeit der Chani Kaufman. - Diogenes, 2015. - 463 S.
Bei orthodoxen Juden geht das Leben auch mitten in London nach traditionellen Regeln vor sich. Das spürt die junge, aufgeweckte Chani Kaufman, als sie endlich verheiratet werden soll. Die Ehe wird über eine Vermittlerin angebahnt, doch es gibt Widerstände. Die Brautleute sehen sich nur einige Male unter Aufsicht. Chani und Baruch sind jung, verwirrt und verunsichert und wissen nicht, was auf sie zukommt. Sie fürchten sich vor den Erwartungen der Familien. Ein humorvoller Roman über jüdisches Leben zwischen persönlicher Freiheit und religiösen Regeln. Er stand 2013 auf der Longlist für den Man Booker Preis. Die Autorin Eve Harris lebt in London und arbeitete als Lehrerin an katholischen und jüdisch-orthodoxen Mädchenschulen.
Andrea Däuwel-Bernd
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Andrea Däuwel-Bernd
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Achtung: musikalisch heiß!
Faith i Branko: Gypsy Lover. World Music Network, 2016. – 1 CD
„Gypsy Music“ in einem modernem Outfit, das ist nicht alltäglich. Denn in der Musik finden so verschiedenen Welten nicht leicht zueinander. „Faith i Branko“ beweisen aber das Gegenteil und haben durch die Musik künstlerisch wie auch privat zueinander gefunden. Sie fusionieren und harmonieren in ihrer Musik äußerst überzeugend, denn die traditionellen Melodien und Spieltechniken des serbischen Geigers Branko Ristic verbinden sich nahtlos mit modernen Poprhythmen und elektronischen Klängen der englischen Akkordeonistin Faith. Doch Vorsicht: es kann einem beim Zuhören der temperamentvollen Lieder und Stücke sommerlich heiß werden, wenn sich Balkan Beat und Pop vermischen und die beiden Musiker zusammen mit ihrer virtuosen Gruppe ein Stück ihrer Lebensgeschichte erzählen!
Kalàscima: Psychedelic Trance Tarantella. Ponderosa Music & art, 2014 – 1 CD
Auch die italienische Gruppe Kalàscima wirft traditioneller Volksmusik ein musikalisch neues Gewand über. Der titelgebende Song ihrer neuen CD heißt „Psychedelic Trance Tarantella“ und gibt der Musik die Richtung vor. Den folkloristisch-lebendigen Schwung der Musik kombiniert Kalàscima mit modernen Beats, was ihrer Musik ein besonderes Temperamt gibt. Das Instrumentarium der Gruppe ist bunt und vielfältig und die musikalische Bandbreite reicht von traditionell anmutendem Gesang im Stile des „Canto a tenore“ bis zu effektvoll wirkender Filmmusik. Besonders überzeugend setzen die acht Sizilianer die Fülle ihrer musikalischen Mittel in dem Titel „Canto degli emigranti“ ein, das hat ganz eigenen Charakter! Und die Liste der musikalischen Gäste ist illuster, unter ihnen befindet sich Ludovico Einaudi.
Axel Blase
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Axel Blase
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Heimkinder – eine Aufarbeitung
Freistatt. – Regie: Marc Brummung. - 1 DVD, 2015. - 104 Min.
Freistatt ist Aufarbeitung. Eine schwer zu ertragende. Der Film erzählt von deutschen Heimkindern, die in die Obhut kirchlicher „Fürsorgeanstalten“ gegeben wurden. 800.000 Kinder und Jugendliche wurde von 1949 bis 1975 in diese Heime abgeschoben, in denen Drill, Disziplin und bedingungsloser Gehorsam die Kinder jeglicher Freiheit und Entwicklungschancen beraubte. Vor allem schwere körperliche Arbeit statt Schulunterricht und rohe Gewalt bestimmte den Alltag der Heranwachsenden. Vielfach waren Geistliche für die Zustände in den Heimen verantwortlich. Freistatt ist ein besonders abschreckendes Beispiel einer solchen Einrichtung.
Wolfgang ist zu Hause nicht mehr erwünscht, und vor allem sein Stiefvater macht ihm das Leben schwer und schreckt vor körperliche Gewalt nicht zurück. Die normale Aufmüpfigkeit eines Jugendlichen im Jahr 1968 genügt, um die Drohung „Du kommst mir ins Heim“ wahrzumachen. Was Wolfgang dort geschieht, interessiert seine Eltern nicht mehr, haben sie doch ein pflegeleichtes, niedliches Mädchen, das ihnen keine Widerworte entgegensetzt.
Das Arbeitserziehungslager in Niedersachsen liegt mitten im Moor. Dort werden die Jugendlichen an sechs Tagen in der Woche im Moor zum Torfstechen missbraucht, vollkommen isoliert und fast ohne Möglichkeit zur Flucht. Vergitterte Fenster und Türen in der Anstalt zeugen vom Geist dieses Heims. Wolfgang hat es schwer – bei seinen Kameraden, die für seinen Widerstand kollektiv mit Essensentzug bestraft werden, und bei den Erziehern die ihn wie seine Kameraden fast zu Tode prügeln. Doch Wolfgangs unbändiger Freiheitsdrang bleibt bis zuletzt ungebrochen. Er wagt den Ausbruch aus der Hölle– und er gelingt. Zu Hause ist er jedoch weiterhin unerwünscht. Ein weiteres Kind ist in die Familie gekommen, und für den veränderten Wolfgang noch weniger Platz als zuvor.
Unerträglich ist die Szene, als der Heimleiter bei den Eltern auftaucht und diese mit ins Heim kommen, um sich die Umstände dort anzusehen. Als Wolfgang aussteigt, drücken die Eltern den Knopf und fahren davon. Seine unvorstellbare Qual endet erst, als der Stiefvater stirbt und die Mutter ihn herausholt.
Der Regisseur wuchs wohlbehütet und ganz in der Nähe dieses Gefängnisses auf, er spielte im selben Moor, in dem die gleichaltrigen Jugendlichen körperlich schuften mussten – und er bekam nichts davon mit. Die Jugendlichen, die diese Qualen überleben mussten, leben mehrheitlich noch, und ihr Leiden muss in ihre Seelen eingebrannt sein.
Freistatt wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Publikumspreis und dem Preis der Jugendjury auf dem Max-Ophüls-Festival.
Tanja Schleyerbach
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Tanja Schleyerbach
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Deutsche Mosaiksteine
Zeh, Klaus: Die Leichtigkeit des Windes. Ostseegedichte. - Norderstedt: BoD, 2016
Kleiner, aber stimmiger Gedichtband des Reutlinger Autors, der im letzten Jahr mit seinem Romandebut „Taxi“ in der Region bekannt wurde. Jetzt hat er in einen kleinen Gedichtband seinen Ostseeurlaub verarbeitet. Der morbide Charme von Strandhotels, Strandkiefern, Dünenwanderungen, Sonne, Wind, Wolken und Meer sind die Themen. Schöne, bildhafte Sprache und viele Eindrücke, Stimmungen und Gedanken finden sich wieder. Für alle, die im Urlaub ans Meer fahren…
Andrea Däuwel-Bernd
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Andrea Däuwel-Bernd
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Japanische Männergeschichten – melancholisch, rätselhaft und bisweilen skurril
Murakami, Haruki: Von Männern, die keine Frauen haben. - DuMont, 2014. – 253 S.
Wir alle machen endlose Umwege
Es ist nicht so, dass diese Männer, von denen Haruki Murakami berichtet, keine Frauen hätten oder diese Geschichten ohne Frauen auskämen. Genau gesagt spielen die Frauen eine wesentliche Rolle in den Erzählungen des japanischen Autors. Aber letztlich leiden die Männer an den Frauen, an Einsamkeit, am Verlassen- und Betrogenwerden, an Untreue, Verrat, an Nebenbuhlern, einem Überschuss an Frauen und einem unheilbaren Liebeskummer, der bis in den Hungertod führt.
Wir erfahren etwas über das Gefühlsleben der japanischen Männer, über gescheiterte Beziehungen, unglückliche und unerwiderte Lieben, über das angeborene Lügenorgan der Frauen und hoffnungsvolle Neuanfänge.
Wir lernen einen Mann kennen, der den Dialekt des Kansai-ben lernt, als ob er in der Region aufgewachsen wäre, um“ Yesterday“ in diesem Dialekt in der Badewanne zu schmettern und dafür seine Aufnahmeprüfung zu vernachlässigen. Sein Freund bittet ihn, mit dessen Freundin auszugehen – so kann er wenigstens kontrollieren, mit wem sie sich herumtreibt, wenn schon nicht mit ihm.
Habara macht kryptische Einträge in sein Tagebuch und dokumentiert darin die Besuche von „Scheherazade“, seiner Muse, die in fremde Häuser eindringt und jedes Mal eine Kleinigkeit nimmt und eine andere zurücklässt.
Der von seiner Frau verlassene Barbesitzer Kino mit der ausgebauten Jazzplattensammlung hingegen begibt sich auf eine mysteriöse Reise, weil eine einigermaßen fremde Frau es ihm befiehlt.
Gregor Samsa wacht eines Morgens alleine auf und kann sich an nichts mehr erinnern, nur dass er so heißt. Er verliebt sich in eine Schlosserin und muss als allererstes wieder lernen, wie man sich kleidet, ohne aufzufallen. Die Worte, die sie verwendet, sind ihm allesamt fremd.
Skurrile und melancholische Geschichten schweigsamer und bisweilen rätselhafter Männer, die den Leser mit offenem Ende zurücklassen, nie mit einem Happy End, immer nachdenklich, manchmal verstört. Wer Murakamis Stil mag, wird nicht enttäuscht – wer ihn kennenlernen möchte, findet mit diesen Erzählungen einen typischen Einstieg.
Tanja Schleyerbach
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Tanja Schleyerbach
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Die alten Männer in der Fabrik
Freeman, Castle: Männer mit Erfahrung. - Roman. - Nagel & Kimche, 2016, 170 S.
Eine junge Frau wird in einer Kleinstadt von Vermont von einem Mann terrorisiert. Anstatt zu flüchten, sucht sie Hilfe beim Sheriff. Der behautet, ihr nicht helfen zu können, verweist sie aber an ein paar alte Männer, die in einer verlassenen Fabrik mit Trinken die Zeit totschlagen. Und bald verfolgt ein seltsames Trio den Stalker durch die Wälder von Vermont… bis hin zum großen Showdown.
Gefallen hat mir an diesem Thriller vor allem die lakonische Sprache und die schrägen Helden. Der Autor komponiert die Geschichte um eine Gruppe alter Männer literarisch kunstvoll.
Andrea Däuwel-Bernd
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Andrea Däuwel-Bernd
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